alleinerziehend, Partnerschaft

„Sei einfach mehr wie ich!“ Vier zerstörerische Sätze für jede Partnerschaft – und wie wir es besser machen

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Nach jeder Trennung kommt irgendwann der Punkt, an dem wir unsere „Fühler“ wieder ausstrecken, wieder offen für eine neue Partnerschaft sind. Weiterlesen „„Sei einfach mehr wie ich!“ Vier zerstörerische Sätze für jede Partnerschaft – und wie wir es besser machen“

Hochsensibilität, Kunst, Persönliches

Herbstparade

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Es knospet unter den Blättern – das nennen sie Herbst.“

Dieses Kurzgedicht der Lyrikerin Hilde Domin drückt für mich wunderbar die „Zweigesichtigkeit“ des Herbstes aus: in der leuchtenden Farbenpracht der Natur liegt bereits deren Vergänglichkeit – und unter den von den Bäumen gewehten Blättern ruhen die neuen Triebe.

Herbst ist für mich: Farbe.

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Herbst ist für mich: Abschied.

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Herbst ist für mich: Möglichkeit.

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Vielen Dank für die Inspiration zu diesem Blogbeitrag an Bloggerin Anja von der Kellerbande und an Cornelia von Silvertravellers, die diese „Blogparade“ ins Leben gerufen hat! 🙂

Herzlich, Sunnybee

 

alleinerziehend, Beruf, Familie, Partnerschaft

Julia M.: „Ich will, dass wir es zusammen schön haben!“

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Julia ist zum Zeitpunkt unseres Gesprächs seit sechs Monaten vom Vater ihrer 2-jährigen Tochter getrennt. Während unserer Unterhaltung beeindruckt mich die Ernsthaftigkeit und Offenheit, mit der sie auf meine Fragen eingeht. Ihre Fähigkeit, sowohl ihr eigenes Verhalten als auch das anderer sehr sensibel und bewusst zu hinterfragen, habe ich seitdem immer wieder als bereichernd erlebt. Als ich ihr einige Wochen nach unserem Gespräch das fertig redigierte Interview zu lesen gebe, fällt uns auf, wieviel seitdem bereits wieder geschehen ist: nichts im Leben ist endgültig – auch das eine Erkenntnis, die für mich mit den Gesprächen mit Julia verbunden ist!

Du bist berufstätig und hast eine Tochter. Wie würdest du deiner Tochter deinen Beruf beschreiben?

Da ich Ärztin bin, können ja selbst Kinder schon recht viel mit meinem Beruf anfangen. Ich würde ihr erklären, dass ich jeden Tag viele Menschen sehe, die mit gesundheitlichen Problemen zu mir kommen und dass ich versuche herauszufinden, wie ich den Menschen helfen kann. Meine Tochter ist erst zwei und hat erst vor kurzem angefangen, überhaupt den Begriff ‚Arbeit‘ zu verwenden. Ich habe aber den Eindruck, dass er für sie gleichbedeutend mit ’nicht anwesend sein‘ ist. Wenn sie aus dem Raum geht, sagt sie: „Tschüss – Arbeit“ [lacht].

Welchen Einfluss hat deine Arbeit in Bezug auf euren gemeinsamen Alltag?

Ich arbeite ungefähr 20-25 Stunden pro Woche, auf vier bis fünf Tage verteilt. An drei Tagen arbeite ich vormittags: während dieser Zeit ist meine Tochter in einer Spielgruppe. Sie ist dadurch eben ein paar Stunden ohne mich, aber die Spielgruppe tut ihr meinem Eindruck nach wirklich gut. Wenn ich danach von der Arbeit komme konzentriere ich mich auch ganz auf meine Tochter und wir genießen die gemeinsame Zeit. Nur an einem Tag arbeite ich nachmittags: da verbringen wir den Vormittag zusammen, bevor sie durch meine Mutter oder Freunde betreut wird – an diesem Tag bin ich schon immer sehr angespannt, da ich zu einem bestimmten Zeitpunkt leistungsfähig und an einem bestimmten Ort sein muss. Ich bin dann auch nicht so geduldig und einfühlsam meiner Tochter gegenüber, was mir leid tut. Aber das ist eigentlich nur an diesem einen Tag so. Insgesamt fühle ich mich dadurch, dass ich wieder arbeite, eher ausgeglichener und glücklicher. Ich könnte mir überhaupt nicht vorstellen, ausschließlich mit meiner Tochter zuhause zu sein, wie z.B. im Jahr meiner Elternzeit. Das wäre nicht gut für mich und damit auch nicht für meine Tochter… [lacht]

Was hat dein Beruf für eine Bedeutung für dein Selbstbild?

Meinen Beruf auszuüben bedeutet für mich, ein paar Stunden zu haben, die nur mir gehören. Früher habe ich das überhaupt nicht so empfunden: Die Zeit, die ich mit meiner Arbeit verbracht habe, war genau die Zeit, die ich nicht für mich hatte. Aber mit Kind hat sich das grundlegend verändert: Die Stunden, in denen ich arbeite sind jetzt die, in denen ich „Erwachsenengespräche“ führe und Gedanken zu Ende denken kann. Die Medizin an sich und die Begegnung mit Menschen ist etwas, das mir einfach großen Spaß macht und zu mir gehört. Ich weiß nicht, ob ich vielleicht, wenn meine Tochter älter ist, wieder Kapazität habe, mehr zu arbeiten. Im Moment, mit ihr als Kleinkind, das einfach noch viel Betreuung und Aufmerksamkeit braucht, empfinde ich diesen Arbeitsumfang als perfekt. Mir hat, ehrlich gesagt, meine Arbeit noch nie so viel Spaß gemacht hat wie jetzt, in dieser Kombination, mit Kind und Arbeit.

Du lebst seit etwa einem halben Jahr getrennt vom Vater deiner Tochter. Welche Auswirkungen hat das für deinen Alltag?

Seit der Trennung muss ich viel mehr auf Leute zugehen und andere um Gefallen bitten. Wir hatten z.B. eine Kinderbetreuung, die erst um neun Uhr angefangen hat; ich fange aber um acht Uhr an zu arbeiten und mein Ex-Partner hat vor der Trennung unsere Tochter morgens zur Kinderbetreuung gebracht. So war nach der Trennung einer der ersten Schritte, dass ich die Spielgruppenbetreuerin gefragt habe, ob es für sie denkbar wäre, dass ich unsere Tochter 11/2 Stunden früher bringen könnte. Das war tatsächlich möglich, was mich sehr freute, da ich weiß, dass sich unsere Tochter dort sehr wohl fühlt. Auch mein Arbeitgeber ist mir zum Glück in Bezug auf meine Arbeitszeiten entgegengekommen. An einem Morgen beginne ich meine Arbeit jetzt etwas später und diesen Morgen genieße ich sehr, da ich dann morgens ungefähr eine Viertelstunde Freizeit habe. In der Zeit gehe ich immer auf eine Tasse Kaffee zum Italiener. Im Ganzen hat sich aber gar nicht so viel geändert in Bezug auf die Alltagsorganisation, weil sich mein Ex-Partner auch vor der Trennung wenig um die Betreuung unter der Woche gekümmert hat.

Also scheinen zwei Konsequenzen eurer Trennung zu sein: Du hast sehr viel Kontakt zu Menschen außerhalb deiner Familie, auch einfach, weil du Unterstützung benötigst – und du hast einen sehr durchstrukturierten Alltag?

Dieser durchgeplante Alltag gibt mir auch Sicherheit. Ich war immer ein eher chaotischer Mensch und jetzt habe ich für mich z.B. einen festen Tag eingeführt, an dem ich den Wocheneinkauf mache. Dafür lege ich schon davor fest, was ich an welchem Tag koche. Auch einen festen Putztag möchte ich einrichten… Ich merke einfach, das gibt mir Sicherheit. Sonst denke ich immer: oh, irgendwann musst du noch einkaufen gehen und wer weiß, wann? So weiß ich einfach, den Einkauf machst du immer an diesem Tag und damit ist er auch erledigt.

Würdest du dich selbst als alleinerziehend beschreiben?

Nein, eigentlich nicht. Der Vater meiner Tochter betreut sie momentan zwar nur jedes zweite Wochenende. Das ist im Prinzip wenig Zeit, wenn auch nicht weniger, als er vorher mit ihr verbracht hat… Und dennoch würde ich mich eher als ‚getrennt erziehend‘ als als alleinerziehend bezeichnen. Mein Ex-Partner spielt schon noch eine große Rolle für meine Tochter. Ganz allein bin ich da auf jeden Fall nicht. Und natürlich sind auch noch ganz viele andere Leute an der Erziehung beteiligt. Gerade die Tagesmutter ist z.B. auch eine sehr wichtige Person, von der ich in der Trennungszeit, als ich besorgt war, welche Auswirkungen die Trennung für mein Kind hat, immer wusste: sie bleibt auf jeden Fall eine Konstante. Das war für mich ein tröstlicher Gedanke. Die beiden haben eine innige Beziehung und unsere Tagesmutter ermöglicht uns vieles: durch ihre Flexibilität spielt sie schon eine große Rolle in unserem Erziehungsalltag. Und dann ist da natürlich meine Mutter, die mich oft unterstützt und einige Freunde, die auch flexibel einspringen, wenn ich außer der Reihe mal einen Tag mehr arbeiten muss. Also, alleinerziehend bin ich definitiv nicht.

Das heißt, du hast wirklich ein Netz an Menschen, die dich unterstützen. Hast du dir das seit der Trennung erarbeitet oder bestand das schon davor?

Dieses Netz gab es schon davor, es ist nur noch engmaschiger geworden. Es war einfach klar, dass ich jetzt noch stärker darauf angewiesen bin und alle haben dankenswerterweise auch gesagt, sie sind für mich da und versuchen zu helfen, wo es geht. Gleichzeitig merke ich: ich bin schon in einer blöden Situation, weil ich ständig um Hilfe bitten muss. An manchen Tagen finde ich das auch wirklich unangenehm. Jetzt im Sommer habe ich z.B. Urlaubssperre, die Tagesmutter steht aber für einige Wochen nicht zu Verfügung, ebenso wenig wie der Vater meiner Tochter. Da genügend Leute zu finden, die unser Kind betreuen können während ich arbeite, ist schon wirklich aufwendig.

Das heißt, die Verantwortung für die Organisation liegt bei dir, lag aber auch schon in eurer Beziehung bei dir?

Ja, im Prinzip hat sich das kaum verändert, es ist jetzt nur eindeutiger… [lacht] Das macht es in gewisser Weise auch einfacher für mich. Bereits in der Beziehung hatte ich die volle Verantwortung für die Organisation. Das fand ich ziemlich ungerecht und wir hatten auch häufig Diskussionen darüber. Uns war es aber nicht möglich dabei wirklich zu einer Einigung zu kommen. Jetzt ist einfach klar: ich habe die ganze Verantwortung und letztendlich läuft es besser so. Auch die Arbeit fällt mir leichter. Vor der Trennung haben mich die Konflikte zuhause so in Beschlag genommen, dass ich meinen Patienten gar nicht meine volle Aufmerksamkeit schenken konnte. Ich genieße sehr, dass das Energieloch durch die Konflikte in unserer Beziehung jetzt nicht mehr besteht. Ich habe auch das Gefühl, wieder mehr Kontrolle über mein Leben zu haben. Für mich hat es also auf jeden Fall auch positive Seiten, dass ich das jetzt alles alleine regle.

Seit eurer Trennung ist ein halbes Jahr vergangen. Was gab es für Hürden und Schwierigkeiten während eurer Trennung, was ist euch gut gelungen?

Sehr schwierig ist nachwievor, dass ich mit meinem Ex-Partner nur sehr schwer besprechen kann, wenn Veränderungen anstehen oder ich nicht einverstanden damit bin, wie wir etwas geregelt haben. Die Kommunikation zwischen uns ist oft noch schwierig. Im Verlauf der Trennung waren wir auch häufiger in der Beratung eines Familienzentrums. Für mich war das hilfreich: Ich wusste immer, hier kann ich Dinge besprechen, ohne dass mein Ex-Partner sich komplett verschließt oder mich angreift und abwertet. Ich wusste, das ist ein geschützter Raum, in dem ich Dinge besprechen kann, die mir, auch in Bezug auf unsere Tochter, wichtig sind. Wir waren drei oder vier Mal bei der Beratungsstelle. Ursprünglich sind wir dort noch als Paar hingegangen, um die Beziehung zu erhalten. Aber letztlich war es der Ort, an dem ich mich in geschütztem Rahmen getrennt habe. Die Beratenden dort haben uns auch direkt angeboten, weiter zu kommen um die ersten Schritte nach der Trennung zu besprechen. Das war auch gut. Ich würde das jeder Zeit wieder in Anspruch nehmen. Leider muss man relativ lange auf Termine warten.

Grundsätzlich gab es im Verlauf der Trennung also schon die Bereitschaft deines Ex-Partners, Dinge zu besprechen?

Das ist von Mal zu Mal sehr verschieden. Ich versuche bereits, die Momente abzupassen, in denen er offen für ein Gespräch ist. Kürzlich wollte ich z.B. etwas mit ihm besprechen, das hat er jedoch komplett abgewehrt. Als wir einige Tage später wieder Kontakt hatten war er jedoch ruhiger und wir konnten auch eine Lösung finden. Andererseits gelingt es uns über weite Strecken schon gut, den Umgang für unsere Tochter relativ ruhig und regelmäßig zu gestalten. Die Situationen, in denen sie uns zusammen erlebt hat, sind überwiegend – nicht entspannt, das ist das falsche Wort [lacht] – sie sind friedlich verlaufen.

Das heißt, eure Verantwortung als Eltern nehmt ihr beide wahr. Hast du einen Eindruck, wie eure Tochter die Trennung erlebt?

Ich glaube, dass sie die Trennung nicht wirklich als ‚unsere‘ Trennung als Paar erlebt hat, sondern eher als ihre Trennung. Die Folge für sie ist, dass ihr Papa jetzt nicht mehr immer da ist. Auch wenn er sie während der Beziehung nicht häufig betreut hat, war er doch anwesend und sie hat ihn jeden Tag gesehen. Das ist für sie, denke ich, der größte Einschnitt und sie äußert das auch immer wieder. Ich habe den Eindruck, dass die zwölf Tage, in denen sie ihn nicht sieht, für sie eigentlich zu lang sind. Daher haben wir jetzt gerade beschlossen, dass mein Ex-Partner sie zwischen den Wochenendtreffen noch einmal sehen soll.

Telefoniert eure Tochter mit ihrem Vater in der Zeit, in der sie bei dir ist oder umgekehrt an den Wochenende, an denen sie bei deinem Ex-Partner ist?

Das haben wir am Anfang gemacht, aber ich hatte den Eindruck, dass es nicht wirklich gut für sie war, deswegen machen wir es momentan nicht mehr. Allerdings schicken wir uns gegenseitig Fotos von ihr und schreiben auch per Textnachricht über lustige Dinge, die wir mit ihr erlebt haben oder über neue Schritte in ihrer Entwicklung.

Ihr tauscht euch also noch regelmäßig über eure Tochter aus, über das Organisatorische hinaus. Das ist ja noch eine Art Verbindung und auch Verbundenheit. Wie gehst du damit um?

Der Kontakt spielt sich für mich ganz klar auf der Elternebene ab. Ich habe schon den Eindruck, dass wir auf der Paarebene strikt getrennt sind. Und andererseits finde ich es einfach normal, dass mein Ex-Partner Freude daran hat, an dem Anteil zu nehmen, was sein Kind in der Zeit macht, in der es nicht bei ihm ist. Und für mich ist es auch schön meine Freude an meinem Kind zu teilen. Natürlich ist ihr Vater da auch eine Person, an die ich dabei denke. Solange ich den Eindruck habe, dass es ihm Freude macht von ihr zu lesen, werde ich ihm auch weiter Nachrichten und Bilder schicken.

Ist euer Kontakt also eher etwas, das den Prozess der Trennung erleichtert oder erschwert?

Unsere Paarbeziehung hatte sich bereits aufgelöst, während wir noch zusammen wohnten. Für mich besteht die Paarebene daher schon länger als ein halbes Jahr nicht mehr. Aber das Menschliche kann man ja nicht endgültig trennen, wenn man Eltern ist… Und natürlich ist daran auch negativ, dass ich sehr aufmerksam und sensibel bin, aus der Angst heraus, dass sich sein Unmut wieder gegen mich richten könnte oder aber, dass er über unsere Tochter etwas ausleben könnte, das sich eigentlich gegen mich richtet. Ich wünsche mir, dass sich seine Stimmungen und Launen nicht so stark auf unseren Kontakt auswirken. Unsere Entscheidungen und Handlungen sollten sich nach dem Wohl unserer Tochter richten, natürlich unter der Bedingung, dass es uns auch gut damit geht. Ich wünsche mir, dass in unseren Kontakt nichts hineinspielt, was mit seinem oder meinem Ego zu tun hat.

Empfindest du in dieser Situation, die ja sicher oft auch schwierig ist, deinen Beruf eher als etwas, das dir Kraft gibt oder als zusätzliche Belastung?

Eindeutig als etwas, das mir Kraft gibt! Dabei habe ich meinen Beruf vor der Geburt und der Trennung eigentlich immer als belastend und überfordernd erlebt. Aber jetzt empfinde ich ihn als wirklich stabilisierend. So schwierig es in den größten Chaoszeiten war, mich morgens hinzusetzen, mich zu sammeln und für meine Patienten eine gewisse Kraft und Ruhe auszustrahlen, so sehr hat mir das auch geholfen. Ich arbeite zum Glück in seinem sehr wertschätzenden Umfeld in Bezug auf meine Kolleginnen und Kollegen und auch meine Patienten. Das gibt mir immer wieder Kraft. Und da sich meine berufliche Situation geändert hat, machen die Begegnungen mit Menschen inzwischen einen großen Teil meiner Arbeit aus. Auch die Möglichkeit, durch die Arbeit eine andere Rolle auszuüben als die der getrennt erziehenden Mutter tut mir gut. Sicher hängt das auch damit zusammen, dass ich mir den Luxus leisten kann, so wenig zu arbeiten. Es wäre wohl etwas anderes, wenn ich 40 Stunden oder mehr pro Woche arbeiten müsste. Dann würde ich meine Arbeit vermutlich hauptsächlich als belastend und kräftezehrend empfinden.

Gibt es etwas, worauf du stolz bist, mit Blick auf die letzten Monate?

Ich bin stolz darauf, dass es mir gelungen ist, unseren Alltag so einzurichten, dass er „rund“ läuft. Ich bin auch stolz darauf, dass es uns allen dreien – bei meinem Ex-Partner kann ich es natürlich nicht abschließend beurteilen – deutlich besser geht. Besonders bei meiner Tochter und mir merke ich, dass wir emotional viel, viel stabiler und zufriedener sind als zuvor. Und ich bin schon stolz, dass uns das bis jetzt so gut gelungen ist.

Gibt es etwas, was du anderen, noch nicht lange getrennt lebenden Eltern, mitteilen möchtest?

Ich kann nur sagen, dass ich in den letzten Monaten ganz stark die Erfahrung gemacht habe, dass der etwas abgenutzte Spruch „Wenn es dir gut geht, geht es deinem Kind gut“ stimmt. Meine Tochter hat mir das deutlich gezeigt und ich kann nur empfehlen, diesen Gedanken zu beherzigen. Mir ist auch immer wichtig, dass es meinem Ex-Partner in der Zeit, die unsere Tochter mit ihm verbringt, gut geht, denn sonst wird sie die Zeit bei ihm nicht genießen können.

Was hat dir geholfen seit der Trennung?

Zunächst einmal die Trennung selbst. Und natürlich die Menschen, die mich umgeben. Ich habe zum Glück relativ schnell wieder Kraft verspürt neue Menschen kennen zu lernen, die in einer ähnlichen Situation sind wie ich gerade. Das ist schon wichtig für mich. Auch wenn ich schon ein gutes Netzwerk hatte, waren das hauptsächlich Menschen, die ich aus der Schwangerschaft und aus dem ersten Babyjahr kannte und von diesen hat sich niemand getrennt. Und ich merke, dass meine alten Freunde mit einigen Themen, die mich seit der Trennung beschäftigen, nicht viel anfangen können. Diesbezüglich hat es sehr gut getan, andere Allein- oder Getrennterziehende kennen zu lernen, aber auch einfach Menschen ohne Kind. In den letzten Wochen habe ich gemerkt, dass mir vor allem diese Kontakte sehr helfen. Denn für all die Dinge, die ich früher gemacht hätte, damit es mir gut geht – Sport, Hobbys – habe ich schlicht keine Zeit!… [lacht] Ich habe natürlich auch das Glück, dass meine Arbeit mir so viel Freude bereitet. Und ich habe mich schon vor der Trennung mit dem Thema Achtsamkeit beschäftigt und mir Wege erarbeitet, wie ich mit belastenden Situationen umgehen kann. Und dennoch ist es bei weitem nicht so, dass ich immer ausgeglichen und entspannt bin… Ich habe auch eine Therapeutin, die mich vor und während der Trennung begleitet hat: das ist auch hilfreich für mich.

Das klingt so, als ob es dir gut gelingt, für dich zu sorgen?

[Beginnt auf einmal zu weinen] Es ist ein Gleichgewicht, das ich immer wieder neu erringen muss. Das kostet einfach wirklich viel Kraft und Energie. Ich merke immer wieder, dass ich dieses Gleichgewicht zu verlieren drohe – daran muss ich ganz bewusst arbeiten. Aber das mache ich. [lacht] Schon aus reinem Überlebenswillen! Und irgendwie ist es mit einem Kind ja auch so, dass man sich nicht heulend und depressiv in die Ecke setzen kann. Meine Tochter hilft mir also auch: einerseits dadurch, dass sie mich, so fröhlich und witzig wie sie ist, immer wieder aufheitert, aber auch dadurch, dass einfach klar ist, ich muss für sie da sein. Das ist mein ganz starker Wunsch: ich will, dass wir es zusammen schön haben!

Das ist eine wirklich liebevolle Aussage. Vielen Dank für unser offenes Gespräch!

alleinerziehend, Partnerschaft, Persönliches

Berlin, Minimalismus und ich

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Kürzlich habe ich zwei Texte gelesen, die mich berührt haben. In dem einen beschreibt die Familienjournalistin Christina Rinkl, wie es ihr damit geht, nach der Trennung von ihrem (Ex-) Mann aus einem Einfamilienhaus in eine Zweizimmerwohnung gezogen zu sein. Dort ist schlicht nicht genügend Platz für ihren angesammelten Besitz. Sie trennt sich schweren Herzens von einem Teil ihrer Bücher und bemerkt dazu:

„Für mich war dieser Wegwerf-Moment ziemlich bewegend. Nicht der alten Bücher wegen, sondern vielmehr, weil mir diese Aktion wieder einmal gezeigt hat, wie anders mein Leben jetzt ist. Ich habe nicht mehr den Platz und die Ressourcen, um alles was mir irgendwie lieb ist, aufzubewahren. Das ist einerseits schade. Andererseits aber auch gut, weil es mich zwingt zum Sortieren und Aussortieren.“

Ich kann ihr nur zustimmen und mich berührt ihre Erkenntnis, dass die Trennung von einem Partner oft zu einer Art (pragmatischem) Minimalismus führt. Raum, Zeit und Ressourcen sind als Getrennt- oder Alleinerziehende/r schlicht knapp; im besten Fall führt das zu einer Konzentration auf das Wesentliche, zu einem Hinterfragen dessen, was – und wer – mir wirklich wichtig ist und damit zu mehr (innerer) Klarheit. Den gesamten Artikel findet ihr hier.

Berlins Ruinen 

Der zweite Text, der mich berührt, ist ein Auszug aus einer Essaysammlung der Berliner Autorin Jenny Erpenbeck (Kein Roman. Texte 1992-2018. Penguin-Verlag, 2018). Sie beschreibt darin das allmähliche Verschwinden der Orte ihrer Kindheit. Aufgewachsen in Ost-Berlin, hat sie nach der Wiedervereinigung Deutschlands nicht nur erlebt, wie sich ein Gesellschaftssystem auflöste, sondern auch ganz konkret, wie nach und nach die Orte ihrer Kindheit und Jugend verschwanden: die Schule, in der sie zum Fahnenappell angetreten ist und Gummitwist mit ihren Freundinnen gespielt hat ebenso wie ganze Straßenzüge, die als „Grenzgebiet“ kleinstädtisch ruhig wirkten und auf einmal wieder im Zentrum Berlins liegen. Und sie beschreibt die Trauer, die in ihr aufsteigt, wenn sie sieht, wie die halb zerfallenen Häuser modernen Neubauten weichen:

„Mit dem Wegwischen der Trümmer beginnt bei mir eine grundsätzliche Trauer, die über meine eigene Biographie hinausreicht: die Trauer über das Verschwinden einer solchen sichtbaren Verwundung eines Ortes, über das Verschwinden kranker oder gestörter Dinge und Räume, die Zeugnis ablegen, dass eine Gegenwart nicht mit allem fertig wird, fertig wird, wie es so passend heißt. In dieser zweiten Phase, der Phase der Säuberung, trauere ich um das Verschwinden des Unfertigen oder Kaputten an sich, dessen, was sich bis dahin der Eingemeindung verweigert hat, um das Verschwinden des Drecks, wenn man so will. Wo Gras einfach so wächst, wo sich Unrat ansammelt, tritt eine Relativierung menschlicher Ordnung ein. Und das ist angesichts der Tatsache, dass wir selbst allesamt sterblich sind, nie schlecht fürs Nachdenken.“

Erpenbeck bezieht sich dabei auf die baulichen Veränderungen in Berlin in den Jahren nach der Wiedervereinigung. Ich behaupte, ähnliches könnte man über die innerseelischen Veränderungen nach einer Trennung sagen.

Säuberung“ und Neuanfang

Die Phase der Neuorientierung hat für mich immer auch das Element der „Säuberung“ in sich, des Verwerfens alter, nicht mehr als wertvoll angesehener Besitztümer und Strukturen. Im besten Fall geht diese „Säuberung“ mit einer inneren Reinigung und Klärung einher. Aber sie hat immer auch etwas latent Gewalttätiges, nämlich tatsächlich eine Trennung von liebgewonnenen Gewohnheiten, Dingen – und Menschen. Und wirklich „sauber“ bekomme ich meine Leben ja auch nicht – um im Bild zu bleiben -, wenn ich radikal alles „wegwische“, was mich an eine unvollkommene, da schöne und schmerzhafte, Vergangenheit erinnern könnte. Reiße ich alle „Ruinen“ ab und baue darauf „Glaspaläste“, nehme ich mir auch ein Stück meiner ganz persönlichen Geschichte. Der „Dreck“, all das Unvollkommene, Vergängliche, nicht-mehr-wirklich-Strahlende gehört eben auch dazu.

In Kombination scheinen mir die beiden oben zitierten Texte das wiederzugeben, was die Phase der Neuorientierung nach einer Trennung für mich bedeutet: einerseits der radikale – und damit auch in gewisser Weise erleichternde Abschied von „Überflüssigem“, „Nicht-mehr-Gewolltem“. Und zugleich die Trauer darüber, dass eben dieses „Nicht-mehr-Gewollte“, die „Ruinen“ der vergangenen Beziehung, irgendwann tatsächlich komplett verschwunden sein werden. Mit manchen Expartner/innen haben wir nicht einmal mehr Kontakt. Sie existieren tatsächlich nur noch in unserer Erinnerung, jedenfalls für uns selbst. Was einmal unser „Zuhause“ war, ist jetzt nicht mehr als ein Gedanke.

Blick zurück – und nach vorn 

Ich glaube, ein großer Teil der Trauer, die im Prozess der Neuorientierung auch immer wieder aufkommt, ist tatsächlich dem etwas wehmütigen Blick auf diese „Ruinen“ einer Beziehung geschuldet. Es schmerzt, zu sehen, dass immer weiter „verfällt“, was mir einmal stabil und wichtig erschien. Andererseits werde ich wohl auch nicht glücklich, wenn ich sofort neue Gebäude auf den Brachen errichte – übertragen: mich sofort in eine neue Beziehung stürze. Das bewusste Wahrnehmen der „Ruinen“ und auch die Trauer um ihr endgültiges Verschwinden ist meiner Meinung nach nötig um irgendwann tatsächlich leichten Herzens „Neues bauen“ zu können. Dann entreiße ich mir die Vergangenheit nicht selbst, stelle nicht künstlich und forciert eine „neue Ordnung“ her, sondern lasse schließlich gehen, was nicht mehr Gegenwart ist.

Und schaffe im besten Fall das bewusst, was die Vergangenheit eigentlich immer schon ist – Erinnerung. Teils schmerzhaft, teils erfreulich: ein Teil von mir, „durchlebtes“ Leben!

Herzlich alles Gute
Sunnybee

 

alleinerziehend, Beruf, Familie, Gesellschaft

Hanno S.: „Wenn etwas stirbt, macht es auch Platz für Neues“

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Als ich Hanno S. kennenlerne, fallen mir als erstes seine wirklich leuchtenden Augen auf. Spontan frage ich ihn, ob er bei meiner Reihe „Working Moms & Dads“ mitmachen möchte. Als Seelsorger einer christlichen Gemeinde organisiert er seit etwa einem Jahr einen monatlichen Frühstückstreff für Alleinerziehende, bei dem wir uns auch begegnet sind. Er hat zwei Kinder, von deren Mutter er seit 2014 getrennt lebt. 

Lieber Hanno,

du bist berufstätig und hast Kinder. Wie würdest du deinen Kindern deinen Beruf erklären?

Ich glaube, den muss ich ihnen gar nicht erklären, sie sind damit mehr oder weniger aufgewachsen. Mein Arbeitgeber ist so familienfreundlich, dass ich bei den allermeisten Veranstaltungen die Kinder mitnehmen kann – und so erübrigt sich dann häufig der Babysitter… Von daher wissen sie, was ich mache. Inzwischen sagen sie nur manchmal: „Oh, nicht schon wieder, ich will nicht mit“ – in diesem Fall in die Kirche!… [lacht] Dadurch, dass ich auch abends und am Wochenende beschäftigt bin, weil ich eben viel mit Menschen arbeite, die tagsüber berufstätig sind, habe ich häufig auch Termine, wenn die Kinder da sind. Es nervt sie dann, dass ich die Zeit nicht mit ihnen verbringen kann. Da ich mit meiner ehemaligen Frau das Wechselmodell praktiziere (die Kinder sind eine Woche bei ihr, eine Woche bei mir), versuche ich allerdings, möglichst sämtliche Abendtermine auf die Zeit zu legen, in der die Kinder nicht bei mir sind, so dass ich in der anderen Woche mehr Zeit für sie habe.

Du sagst, der kirchliche Bezug spielt bei deiner Arbeit eine wichtige Rolle. Nehmen deine Kinder das wahr und stellen z.B. Fragen dazu? Deinen vorherigen Beruf als Journalist haben sie wohl (noch) nicht so intensiv kennengelernt?

Auch meinen Beruf als Journalist haben sie kennengelernt, aber nicht so intensiv. Das war eben ein reiner Bürojob: ich war tagsüber weg und am späten Nachmittag wieder da. Von daher haben sie inhaltlich nicht so viel mitgekriegt, vielleicht das ein oder andere Ergebnis gesehen, in einer Zeitung oder auf einer Internetseite. Bei meinem jetzigen Beruf im kirchlichen Bereich, wo es ja auch viel um Glaubensfragen und um ethische Fragen geht, die ja durchaus in die Erziehung hineinspielen, führen wir immer wieder mal Gespräche, auch über inhaltliche Fragen, die eben auch Glaubensthemen berühren.

Also beeinflusst deine berufliche Rolle auch dein Familienleben?

Das lässt sich gar nicht vermeiden, denn im Grunde genommen gibt es keine klare Trennung zwischen Beruf und Privatleben. Als Seelsorger bin ich für Menschen da und wenn ich in meinem Privatleben im Supermarkt einkaufe und jemanden aus der Gemeinde an der Kasse treffe, der mich etwas fragt, kann ich mir ja nicht die Frage stellen: ist das jetzt eine seelsorgerische Fragestellung, die zu meinem Beruf gehört, oder ist das was Privates – das lässt sich oft nicht klar trennen. Oder wenn ich mir Gedanken zu etwas mache, das mit der Kirche zu tun hat, kann ich das natürlich am Schreibtisch sitzend machen, oder ich kann dabei joggen gehen. Was ist das dann: Freizeit oder Beruf? Letzte Woche hatten wir zum Beispiel von der Kirche aus eine Kinoveranstaltung, da sind meine Kinder mitgekommen, sowohl zum Auf- und Abbauen, als auch zum Filmgucken und fanden den Abend total super. So gesehen ist mein Beruf eigentlich ein Traumberuf für Alleinerziehende, weil sich einfach vieles mit Familie sehr gut vereinbaren lässt.

Du lebst getrennt von der Mutter deiner Kinder. Welche Auswirkungen hat das für dich im Alltag?

Ja, seit fast genau vier Jahren sind wir getrennt. Im Alltag hat sich natürlich vieles vereinfacht, dadurch dass ich in der Woche, in der die Kinder nicht da sind, mehr Zeit zu verplanen habe, auch für Dinge, die mir selbst wichtig sind. Auf der anderen Seite ist natürlich die Woche, in der die Kinder bei mir sind, extrem anstrengend, weil ich dann alles alleine mit den Kindern organisiere. Sich wie früher kurzfristig abzusprechen in der Form „Kannst du gleich mal die Kinder übernehmen, wenn ich dies oder jenes mache?“ ist eben nicht mehr möglich. Die Absprachen sind einfach vorher nötig und das funktioniert glücklicherweise bei uns sehr gut, weil wir beide aufeinander Rücksicht nehmen. Wenn der eine einen Sonderwunsch hat, geht der andere nach Möglichkeit darauf ein und wir versuchen das eben optimal zu planen.

Das heißt, eure Kinder wechseln wochenweise von einem Zuhause ins andere?

Sie haben bei beiden Eltern ihr eigenes Kinderzimmer, der „Wechselkoffer“ reist dann immer mit. Mittlerweile ist es nicht nur ein Koffer, sondern auch Tüten und Taschen mit Schul- und Sportsachen. Es ist immer ein kleiner Umzug…

Also schon einiges an Logistik, auch für die Kinder?

Ja, aber das ist super abgesprochen, wir haben z.B. einen gemeinsamen Kalender im Internet, wo wir die Familientermine und die Betreuungszeiten eingeben. Dann weiß jeder, wann was ansteht und bekommt sofort mit, wenn sich irgendwelche neuen Termine ergeben. Jeder plant normalerweise, wenn es um Verabredungen geht, nur für seine Zeit, aber es kann natürlich auch mal eine Geburtstagseinladung kommen, die in die Zeit des anderen fällt. Die wird dann direkt eingetragen und diesbezüglich haben wir ganz klare Absprachen: Geburtstagsgeschenke werden von dem besorgt, in dessen Betreuungszeit die Feier fällt und beim Wechsel ist es meist so, dass der, der die Kinder übernimmt, sie abholt – das ist eigentlich alles sehr klar geregelt und läuft deshalb auch sehr gut.

Das hört sich ja relativ sortiert und auch entspannt an. Ich nehme mal an, das war nicht immer so… Wie würdest du den Weg der letzten vier Jahre beschreiben? Welche Schwierigkeiten gab es während eurer Trennung? Was ist euch im Rückblick gut gelungen?

Die größte Herausforderung war eigentlich die Annullierung der kirchlichen Ehe, die Scheidung und das Auseinanderdividieren der Finanzen. Das auseinander zu friemeln hat über drei Jahre gedauert. Erst als es diese Reizthemen nicht mehr gab, endeten auch die Konflikte. Von dem her waren die drei Jahre nach der Trennung schon sehr schmerzhaft und bitter. Zum Glück waren die Kinder selbst kein Streitthema – als Organisator für Angebote Alleinerziehender bekomme ich ja mit, wie kräftezehrend und belastend es ist, wenn das der Fall ist. Aber auch bei uns bestanden am Anfang Unsicherheiten bezüglich Betreuungsregelungen: wie kann ich den anderen einschätzen? Ist das, was er macht, ehrlich gemeint? Da wieder auf ein normales Level zu kommen, eben nicht dem anderen etwas Negatives zu unterstellen, sondern dieses Misstrauen abzubauen, war wahrscheinlich die größte Herausforderung. Eine ganz wichtige Grundlage für die letztlich positive Entwicklung zwischen uns war sicherlich, dass meine ehemalige Frau und ich, was die Kindererziehung angeht, eigentlich kaum Meinungsverschiedenheiten haben. Das vereinfacht sicher vieles. Inzwischen haben wir eine super Grundlage, können auch miteinander flachsen, Spaß haben – ich habe ihr sogar gesagt, im Sommer, wenn der Wechsel im Urlaub ansteht, könne sie noch ein paar Tage in unser Ferienhaus mitkommen, auch mit ihrem neuen Freund… aber das klappt bei ihr wahrscheinlich nicht. Dass überhaupt solche Überlegungen möglich sind, finde ich sehr wertvoll.

Würdest du dich überhaupt als „alleinerziehend“ bezeichnen?

Nein, ich würde mich tatsächlich eher als getrennt- und nicht als alleinerziehend bezeichnen, weil die Betreuungszeit wirklich fast hälftig aufgeteilt ist und meine ehemalige Frau und ich auch die gleiche Bedeutung für die Kinder haben. Insofern richtet sich das Angebot in meiner Gemeinde ja auch an „Allein- und Getrennterziehende“.

Für eure Kinder sind die Zeiten, die sie jeweils bei euch verbringen, klar festgelegt, aber sie haben die Möglichkeit, den Elternteil, bei dem sie gerade nicht sind, jederzeit anzurufen?

Ja, wir hatten ganz am Anfang, was aber auch auf das erwähnte Misstrauen zurückzuführen war, ausprobiert, zu sagen: kein Kontakt zu dem jeweils anderen, wenn die Kinder bei ihm oder ihr sind. Aber es hat sich schnell gezeigt, dass das eine wahnsinnige Belastung für die Kinder ist, denn da schwingt immer mit, dass es nicht gut ist, wenn die Kinder beim anderen sind. Und mir ist klar geworden, dass es ganz wichtig für die Kinder ist, zu wissen, man findet es gut, wenn sie mit dem anderen Elternteil klar kommen und wir als Eltern unterstützen sie auch dabei. Das war am Anfang bei uns auch nicht der Fall und hat schließlich zu einer ziemlich heftigen Eskalation geführt, bei der wir auch eine Familienberatungsstelle einschalten mussten. Mittlerweile haben wir tatsächlich die Situation, dass mein Sohn, wenn er zum Beispiel anruft und sich darüber beschwert, wie „Sch…e“ Mama oder Papa gerade ist und sagt: „Ich möchte zu dir kommen!“, wir ihm beide sagen: „Du musst das erst klären. Wenn ihr in Harmonie auseinander geht, kannst du gerne kommen.“ Das führt meist dazu, dass er nach ein oder zwei Stunden anruft und sagt: „Ich habe alles geklärt und bleibe doch hier.“ [lacht]

Also seid ihr, auch wenn ihr kein Paar mehr seid, als Eltern euren Kindern gegenüber noch immer eine Einheit?

Ja, ich glaube, anders funktioniert es auch nicht. Denn wenn wir das nicht machen würden, würde genau das passieren, was mein Sohn schon häufiger versucht hat, nämlich, uns gegeneinander auszuspielen, indem er sagt: „Bei Mama darf ich das aber“, oder „Da bekomme ich so viel Taschengeld und hier nicht“. Dann sage ich immer: „Kannst du bei Mama gerne so machen, bei mir gilt eine andere Regelung. Und ich kläre das mit Mama“. Dann weiß er sofort: Aha, da bestehen Absprachen! Das hat auch schon mal dazu geführt, dass wir bei der Übergabe noch zusammen saßen und uns unterhalten haben, er eine Beschwerde äußerte und wir beide gleicher Meinung gegen ihn waren – da hat er gesagt, dass er es nicht ertragen würde, wenn wir zusammen wären, das wäre ihm zuviel… [lacht]

Also ist euer Familienleben in gewisser Weise entspannter also vor der Trennung?

In Bezug auf die Kindererziehung war es eigentlich immer schon entspannt. Die hatten wir schon immer Halb und Halb aufgeteilt. Ich habe als Selbständiger meinen freien Tage in der Woche für die Kinder genutzt und meine ehemalige Frau in ihrer eigenen Selbständigkeit unterstützt. Ich bin, als die Kinder klein waren, häufig mitgefahren, während sie am Wochenende Seminare hielt, und habe die Kinder versorgt. Eine lustige Anekdote ist: Sie hat fast zeitgleich mit ihrer Kollegin, mit der zusammen sie selbstständig ist, das erste Kind bekommen, und die beiden Jungen sind ein bisschen wie Brüder aufgewachsen. Ich habe in der Zeit sehr viel Betreuungszeit übernommen: Wenn wir dann zu irgendwelchen Seminaren in Deutschland oder auch Österreich gefahren sind, habe ich im Nebenzimmer die Kinder bespaßt, in den Kaffeepausen kamen die Mütter zum Stillen rein und gingen danach wieder zu ihrem Seminar… [lacht] Insofern hatte ich immer sehr viel Kontakt zu den Kindern.

Ich nehme an, auch deswegen war für dich klar, dass nur das Wechselmodell für dich in Frage kommt, also nicht die „klassische“ Form des Umgangs, nach der du nur jedes zweite Wochenende mit deinen Kindern zusammen wärst?

Nein, das hätte für mich und auch für die Kinder nicht funktioniert, weil sie das einfach nicht gewohnt sind. Bei meiner Tochter habe ich zwölf Monate Elternzeit genommen, meine Frau zwei Monate… das war mit meiner Selbstständigkeit sehr gut zu vereinbaren.

Insofern spielt dein Beruf also eine wichtige Rolle dafür, wie du dein Privatleben gestalten kannst?

Ja, ich glaube, ein Beruf, in dem man feste Arbeitszeiten hat und in dem die Arbeitszeiten vorgegeben sind, ist als Allein- oder Getrennterziehender schwierig. Ich sehe das bei den Müttern [bei den Alleinerziehenden-Veranstaltungen der Kirche], die sich, wenn das Kind krank wird, fragen: Kann ich mich jetzt krank schreiben lassen, ohne Gefahr zu laufen, meinen Job zu verlieren? Bei einer Mutter, die ich kenne, war das tatsächlich so: sie hat die Arbeitsstelle, bei der sie frisch begonnen hatte, verloren, weil sie sich wegen ihres Kindes hat krankschreiben lassen. Diesbezüglich hat sich in den letzten Jahrzehnten schon viel verändert, aber es ist immer noch zu wenig. Auch für Väter gilt: es gibt immer noch zu viele Firmen oder Berufe, in denen der Vater maximal die zwei Monate Elternzeit nehmen kann und wenn er mehr nimmt, wird ihm suggeriert, dass es schwierig wird mit der Weiterbeschäftigung, wenn er zurückkommt.

Habt ihr, als eure Kinder kleiner waren, auch Betreuung außerhalb der Familie (Kindergarten etc.) in Anspruch genommen?

Ja, beide Kinder waren im Kindergarten. Wir hatten sogar vor dem Kindergarten eine Tagesmutter, die beide betreut hat und die beide auch geliebt haben, sie war wirklich ein Glücksgriff – und es wäre tatsächlich auch bei zwei selbständigen Elternteilen schwierig gewesen, die Betreuung ganz alleine zu stemmen.

Empfindest du deinen Beruf eher als etwas, was dir Kraft gibt, oder als zusätzliche Belastung?

Ich kann sagen, dass der Beruf, den ich jetzt ausübe, mein absoluter Traumberuf ist: es gibt keinen Beruf, den ich lieber machen würde. Nach meinen Kindern hat der auch erste Priorität. Ich habe sehr, sehr lange gesucht, bis ich einen Beruf gefunden habe, der mich wirklich glücklich und zufrieden macht und dabei auch sehr schwierige Zeiten hinter mich gebracht; deswegen hat das, was ich jetzt erreicht habe und die Zufriedenheit, die damit einhergeht, einen sehr, sehr hohen Stellenwert für mich.

Also ist dein Beruf definitiv etwas, was dir auch Kraft gibt?

Auf jeden Fall.

Was erfüllt dich mit Freude und Stolz, wenn du auf die letzten Jahre zurückblickst?

Mit Stolz erfüllt mich sicherlich, dass meine ehemalige Frau und ich es tatsächlich geschafft haben, nach diesen 3 ½ Jahren wieder friedlich miteinander umzugehen. Das war ein echter Kampf, aber ich glaube tatsächlich, und das ist eine wesentliche Erkenntnis, die ich in der Zeit hatte, dass Leid in jedem Fall zu etwas Gutem führen kann; dass etwas, das stirbt, den Platz frei macht für etwas, das neu entstehen kann. Und mit jeder Trennung und auch jedem Abschied geht eine unglaubliche Chance einher. Diese Chance dann zu nutzen bedarf natürlich auch Kraft, aber man ist ja nicht alleine, man kann sich auch Kraft holen, und das haben meine Kinder, meine frühere Frau und ich in der Zeit auch getan. Der Weg, den wir gegangen sind, war sehr, sehr schwer, aber es ist sehr viel Gutes daraus entstanden. Was mich wirklich stolz macht, ist, dass ich inzwischen eine gute Beziehung zu meiner ehemaligen Frau habe, die langsam wieder in eine freundschaftliche Richtung geht. Gleichzeitig kann ich mir nicht vorstellen, nochmals mit ihr zusammen zu sein, weil wir tatsächlich einfach zu verschieden sind. Aber diese ganzen Streitthemen in den Griff zu bekommen und eine freundschaftliche Basis zu schaffen, das konnte ich mir lange Zeit nicht vorstellen und ich kannte tatsächlich auch nur ein einziges Paar, das es geschafft hat, so was hinzukriegen, scheint wahrhaftig selten zu sein, ist aber erstrebenswert.

Also heißt das auch, bloß, weil eine Situation im Augenblick verfahren erscheint, heißt das nicht, dass das so bleiben muss?

Ich selbst dachte immer: Das muss doch jetzt irgendwann ein Ende finden. Ich hätte nie gedacht, dass das 3 ½ Jahre dauern kann. Es gibt ja Bücher, in denen ein Jahr nach der Trennung gefragt wird, wie es denjenigen, die sich getrennt haben, geht. In denen steht auch, dass die meisten Paare ein Jahr danach noch genau das Datum wissen, an dem die Trennung stattgefunden hat. Auch ich weiß heute noch, dass es der 19. April war. Eine Trennung ist einfach eine Sache, die prägend fürs Leben ist, möglicherweise sogar eines der prägendsten Ereignisse überhaupt. Sie kann auch unwahrscheinlich viel Wertvolles mit sich bringen, aber es kann eben auch lange dauern, bis das ersichtlich wird. Und ich hatte gedacht, ein, zwei Jahre vielleicht, dann ist alles geklärt.

Diese lange Zeit ist ja auch eine Art der Wertschätzung: Hier gibt es etwas, das überhaupt getrennt – und betrauert – werden muss: Ihr z.B. habt ja über zwei Jahrzehnte miteinander verbracht…

Ja, mehr als die Hälfte meines Lebens.

Was hat dir und auch deinen Kindern in der Zeit der Trennung geholfen?

Sowohl meine ehemalige Frau als auch ich haben eine Therapie begonnen, wir haben auch eine Paartherapie gemacht und eine Familienbegleitung, in die die Kinder mit einbezogen waren. Diese Familienbegleitung fand ich allerdings nur bedingt hilfreich. Letztlich haben die Dinge, die dort besprochen wurden, uns zwar bestätigt, dass unser Weg der richtige war, uns aber nicht unbedingt neue Impulse gegeben. Was den Kindern vor allem geholfen hat, war die Erkenntnis, die leider doch relativ spät kam, dass wir als Eltern versuchen sollten, Konflikte einerseits nicht vor den Kindern zu verbergen und andererseits nicht lautstark eskalieren zu lassen. Zu erkennen, dass diese lautstarken Eskalationen vor den Kindern nicht sein dürfen, ist das eine. Danach zu zu handeln, das andere. Die eigene Betroffenheit hinten anzustellen, scheint oft fast unmöglich zu sein. Aber daran zu arbeiten ist, glaube ich, ist ganz wichtig, weil das meiner Meinung nach bei den Kindern viel Schmerz verursacht. Ich glaube, Kinder nehmen so ziemlich alles wahr und von daher ist es tatsächlich das Allerwichtigste, dass die Eltern miteinander klarkommen. Die Probleme, die da sind, sind einfach da, aber solange die Eltern vernünftig miteinander umgehen, ist das für die Kinder okay. Ein Familientherapeut sagte einmal, dass Kinder Atmosphäre „inhalieren“: es lässt sich nichts vor ihnen verbergen. Sie leiden am meisten darunter. Das hat sich bei meiner Tochter darin gezeigt, dass sie wirklich bis fast genau zu dem Zeitpunkt, an dem sich die Situation zwischen meiner ehemaligen Frau und mir entspannt hat, jedes Mal, wenn sie bei mir war und wir gemeinsam am Tisch saßen, aus heiterem Himmel anfing zu weinen und gesagt hat: Ich möchte, dass ihr wieder zusammen seid. Das hat schlagartig aufgehört, als wir wieder miteinander klar kamen. Seitdem versucht sie auch nicht mehr, uns als Eltern zusammenzubringen, in der Art, dass sie, wenn wir uns treffen, Vater an der linken, Mama an der rechten Hand, versucht, unsere Hände zusammenzuführen. Das kommt nicht mehr vor.

Wenn ich dich richtig verstehe, ist es für eure Kinder also gar nicht so wichtig, dass ihr als Liebespaar zusammen seid, sondern, dass ihr miteinander reden könnt und euch nicht anfeindet?

Ja, dass einfach Harmonie besteht. Dass sie merken, klar, die Familie wird nie wieder zusammen sein, aber es ist zumindest so lebbar. Und ganz wesentlich bei den beiden – das ist natürlich ein Glücksfall, bei Einzelkindern ist das ja leider nicht der Fall – sie hatten sich gegenseitig, konnten sich gegenseitig stützen, und heute merkt man auch, wie stark die Geschwisterbeziehung dadurch geworden ist.

Gibt es etwas, was du anderen (berufstätigen) Alleinerziehenden mitgeben möchtest?

Dadurch, dass ich es, sowohl als Selbständiger, als auch jetzt, in einer abhängigen Beschäftigung, unglaublich leicht hatte, Familie und Beruf zu vereinbaren, kann ich jemandem, der nicht in dieser Situation ist, eigentlich schlecht etwas raten. Ich kann ja schlecht sagen, sucht euch einen familienfreundlichen Beruf… [lacht] Das ist natürlich die einfachste Lösung. Aber tatsächlich ist es meiner Meinung nach wesentlich, die Kinder im Blick zu behalten, alle Regelungen nach den Kindern auszurichten und sich auch nicht davor zu scheuen, Entscheidungen zu treffen, die sich vielleicht gegen den Beruf richten und dafür dem Wohl der Kinder dienen. Gegebenenfalls sogar zu sagen: Ich schränke Aufstiegschancen oder Karrieremöglichkeiten ein, um Zeit für die Familie zu haben. Denn man muss natürlich sehen, dass die Zeit, vor allem die mit Kleinkindern, nie wieder kommt.

Das ist natürlich für Alleinerziehende, bei denen es um die Existenzsicherung und nicht in erster Linie um Karrierechancen geht, schwierig…

Es gibt ja solche und solche Alleinerziehende. Ich habe auch schon Alleinerziehende kennen gelernt, die tatsächlich überhaupt keine finanziellen Sorgen haben und natürlich auch keine Probleme, die Kinder fremd betreuen zu lassen, egal, was es kostet. Aber das hilft den Kindern ja nicht. Meiner Meinung nach brauchen die Kinder tatsächlich den Elternkontakt. Und sich dann für einen beruflichen Werdegang zu entscheiden, der dem Beruf und nicht dem Kind den Schwerpunkt gibt, finde ich schwierig. Auf der anderen Seite hilft berufliche Erfüllung auch, das Allgemeinbefinden zu heben und schlägt sich somit auch wieder in der Familie nieder. Man muss da einfach eine gute Balance finden. Für jemanden, der sich um die pure Existenz sorgt, für den stellt sich die Frage natürlich nicht.

Herzlichen Dank für das Gespräch.