Nachmittags halb vier. Mit einer Tasse Tee sitze ich zuhause in meinem „Lesesessel“ und – bin glücklich. Ein Gefühl warmer Zufriedenheit mit dem, was ist. Ein JA zu dem, was ich tue, wie sich mein Leben gerade entwickelt. Heute haben wir uns wieder für den Stammtisch für Allein- und Getrennterziehende getroffen, den meine Freundin und Bloggerkollegin Christina und ich seit mittlerweile 11/2 Jahren in Köln organisieren.
Meine ursprüngliche Motivation war ganz pragmatisch, nahe meines Wohnorts ein Angebot für den Austausch getrennt lebender Eltern zu etablieren. Viele Möglichkeiten für solch heitere und ungezwungene Begegnungen kannte ich bis dato nicht. Eine Kirchengemeinde im Kölner Stadtteil Sülz organisierte bereits einen Sonntagsbrunch für Alleinerziehende und auch das Bürgerzentrum in Köln-Ehrenfeld bot Informationsveranstaltungen und einen Eltern-Kind-Treff für Allein- und Getrennterziehende an, aber ansonsten sah es bezüglich weiterer Angebote in der Millionenstadt Köln meiner Kenntnis nach recht mau aus.
Dabei war der Bedarf offensichtlich da. Das Sülzer Frühstücksangebot, das ich ein paar Mal besuchte, platzte meist aus allen Nähten, mehrere Dutzend Alleinerziehende fanden sich dort mit ihren Kindern ein.
Ein kleiner, aber lebhafter Kreis
Unser Angebot im Kölner Norden ist bis heute kleiner. Zwischen 5 und 15 Frauen mit oder ohne Kinder finden sich jeweils zu den Treffen ein. Das besondere an unserem Netzwerk, das inzwischen rund 30 Frauen und Männer samt ihrer Kindern umfasst, ist meinem Empfinden nach, dass hier tatsächlich dauerhafte persönliche Kontakte zwischen den TeilnehmerInnen entstehen. Auch außerhalb der Stammtischtreffen verabreden sich viele von uns zu gemeinsamen Aktivitäten und zwischen mehreren Frauen haben sich hierbei schon Freundschaften entwickelt.
Auch bei dem heutigen Treffen in einem kinderfreundlichen Café im Kölner Norden wurde mir wieder bewusst, was mir an unserem Angebot so gefällt. Es zieht offensichtlich Allein- und Getrennterziehende an, die bei allen Schwierigkeiten, mit denen sie ihre private Situation konfrontiert, eine Haltung der Zuversicht suchen – und oft auch finden. Diese Frauen klagen nicht wütend ihr Gegenüber an, sondern reflektieren z.B. ihren Anteil an einer schwierigen Trennung und versuchen für ihre Kinder und sich selbst einen positiven Umgang damit zu finden.
Dabei hat Trauer um das Verlorene und auch Wut über Geschehenes durchaus seinen Platz in dieser Runde. Gerade in diesem kleinen, persönlichen Kreis entstehen zwischen Milchkaffee und Frühstücksteller oft durchaus tiefgehende Gespräche. Manchmal reicht aber auch schon ein „Das kenne ich auch“ oder ein ehrlich empfundenes „Ich verstehe dich!“, denn dieses Verständnis ist in diesem Rahmen auch ohne große Erklärungen gegeben. Das wärmt.
Mir persönlich bedeutet zudem die Erfahrung sehr viel, nun bereits seit 11/2 Jahren ein solches Angebot gemeinsam mit meiner Freundin Christina ehrenamtlich und ohne eine Institution im Rücken „am Laufen zu halten“. Ich lebe damit meinen Wunsch nach Verbindung und mache die Erfahrung, dass ich, indem ich Dinge verfolge, die ich von Herzen als sinn- und wertvoll empfinde, andere überzeugen kann und dass dadurch auch in anderen Bereichen meines Lebens Erstaunliches in Bewegung gerät.
Über den Stammtisch sowie meinen Blog haben sich schon wertvolle persönliche und auch berufliche Kontakte ergeben. Zum Vater meines Sohnes habe ich inzwischen wieder eine wirklich gute, von gegenseitiger Wertschätzung getragene, Beziehung und mein neuestes Projekt, mein Beratungsangebot für hochsensible Menschen, lässt sich auch vielversprechend an.
Indem ich mir selbst treu bleibe, überzeuge ich andere
Ich merke, meinem ganz eigenen Weg zu folgen stärkt nicht nur mich, sondern wirkt sich letztlich positiv auf all meine Beziehungen aus. Ich bin keine Einzelkämpferin mehr, ich lasse mich auf mich selbst und andere ein und dadurch entsteht tatsächlich fruchtbares Neues.
Insofern stimme ich Christina zu, dass eine Trennung auch immer als Chance zu sehen ist. Eine Möglichkeit zu tieferem Verständnis anderer und seiner selbst. Der (oft schmerzhafte) Weg, sich treu zu bleiben oder sich wieder treu zu werden und tatsächlich die Möglichkeit, neue Kräfte in sich zu entdecken und zu entfalten.
Mit Dankbarkeit betrachte ich die Entwicklung der letzten 11/2 Jahre, nippe an meinem Tee, mit einem feinen Lächeln. Ich schätze, was war und freue mich auf die Dinge, die sich weiter entwickeln werden. Ein kostbarer Moment!
Herzlichen Gruß, Sarah
PS. Unser nächstes Treffen: Am 20.12. treffen wir uns – ausnahmsweise abends und ohne unsere Kinder – auf dem Weihnachtsmarkt am Kölner Schokoladenmuseum. Alle Infos findet ihr hier im Blog auf der Startseite oder auf Christinas Blog getrenntmitkind.de.
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Die deutschlandweite Frauenzeitschrift „Freundin“ hat Anfang 2019 über uns berichtet und auf YouTube findet ihr ein kurzes Video des Erzbistums Köln, in dem wir unseren Stammtisch und die Motivation dazu ebenfalls vorstellen.
[Foto: Pixabay]
Ich erlaube mir, hier – natürlich anonym – drei Reaktionen zu zitieren, die mich außerhalb der Bloggerwelt erreichten – und mein Herz wärmten:
„Liebe Sarah! Dein Artikel liest sich wieder so schön und mich freut es, dass Du so empfindest und sich so viel Positives ergeben hat und ergibt durch den Stammtisch und die Kontakte. Ich will unbedingt am 20.12. zum Weihnachtsmarkt kommen. Die Stammtischtreffen habe ich bisher nicht geschafft 🙈 auf jeden Fall ist das ein Wunsch fürs neue Jahr, regelmäßig teilzunehmen! Liebste Grüße und einen guten Wochenstart!“
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„Danke für den Link! Es ist ein sehr schöner Text den du geschrieben hast, es macht Spaß ihn zu lesen und ich höre immer dein Lächeln und dein Strahlen zwischen den Worten. 😊
Ich habe den Stammtisch und die Gespräche wieder sehr genossen und es hat das ein oder andere auch aufgewühlt und beschäftigt mich noch. Aber das ist gut, im Alltag läuft es immer weiter und manchmal fehlt der Raum oder die Zeit für das Aufwühlen und Nachdenken.
Hab einen schönen Abend und hoffentlich bis zum 20.12.“
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„Ich hab den Stammtisch auch schon immer als eine Runde empfunden, in die alle Zuversicht und Wärme mitbringen – und das sind wirklich zwei gar nicht so selbstverständliche Attribute! Insofern freu ich mich auf Dezember und danke euch beiden für die tolle Orga, @Sarah und @Christina.“
DANKE!😊 Ach, Gutes auszusenden bringt einfach Gutes zurück! Herzlichen Gruß, Sarah
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Sehr schön zusammengefasst, Sarah!
Unser Stammtisch ist wirklich etwas sehr Wertvolles – und immer wieder bereichernd.
Ob am Kaffeetisch oder auf dem Weihnachtsmarkt.
Ich freue mich auf den 20.12. 🙂
Herzliche Grüße,
Christina
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