Beruf, Familie, Gesellschaft

Was brauchen Familien wirklich? Ein Gespräch mit meiner (noch ungeborenen) Enkelin [Beitrag zur Blogparade]

272B4BD1-07FC-4ABA-8FED-E29EDF2451A6

2067: Ich sitze mit meiner Enkelin im Garten und unterhalte mich darüber, was Familie-Sein Ende des 21. Jahrhunderts bedeutet – und wie Familien Anfang des 21. Jahrhunderts lebten. Weiterlesen „Was brauchen Familien wirklich? Ein Gespräch mit meiner (noch ungeborenen) Enkelin [Beitrag zur Blogparade]“

Gesellschaft, Persönliches

Ein Lob der Stadtteil-Bücherei

8CBC5D0C-8045-4C74-A778-3A00769D148C

Um 1516 schrieb Thomas More, Kanzler des englischen Königs Henry VIII, ein Werk, dessen Einfluss Jahrhunderte überdauern sollte. Frustriert vom Ständesystem Großbritanniens und den damit einhergehenden Ungerechtigkeiten, entwarf er das Modell einer Gesellschaft „Gleicher unter Gleichen“, ohne Privatbesitz und mit gemeinsam erwirtschafteter Lebensgrundlage für alle.

Der Roman „Utopia“, in englischer Aussprache ein Wortspiel der griechischen Begriffe eutopia (guter Ort) und utopia (Ort, den es nicht gibt) beschreibt diesen Ort – und legte den Grundstein, nicht nur für Marxismus und Leninismus knapp 400 Jahre später, sondern auch für einen Begriff, der heute noch verwendet wird: die Utopie.

Eine Welt, besser als die, in der wir leben, gerechter, mit Gütern, die allen zu Verfügung stehen, ohne Ansehen von Herkunft und Besitz – 1516 suchte More diese in der Realität vergebens.

2018 habe ich sie gefunden.

Die Eintrittskarte zu dieser Welt ist scheckkartengroß. Sie kostet mich, auf den Monat umgerechnet, den Preis eines Cappuccinos und eröffnet mir den Zugang zu den Gedanken tausender Dichterinnen und Dichter, Philosophinnen und Do-it-yourself-Berater; zu Themen der Medizin, Politik, Publizistik und des Gartenbaus, von der Bastelanleitung eines Vogelhäuschens bis hin zu Thomas Manns „Tod in Venedig“.

Betrete ich diesen Ort moderner Utopie, fällt mir zuerst die belebte Stille auf: halblaute Gespräche, Papier, das raschelt, ab und zu ein Kinderlachen, denn bereits für die Kleinsten bietet der Ort geistige Nahrung. Mein Blick schweift zu den Besuchern dieses Landes, dessen Atmosphäre sich so spürbar abhebt von der Hektik der Welt darum herum: Hier sitzt ein älterer Herr, vertieft in die neuste Belletristik, dort üben zwei Schülerinnen für den Klassentest. Dort, den Winkel zwischen zwei Regalen, nutzt ein Pärchen für verstohlene Zärtlichkeit. Ein Kind, noch in Windeln, wackelt seiner Mutter entgegen, ein Brötchen in der einen speckigen Faust, ein Buch in der anderen. Zwei Teenager stehen neben den CD-Regalen, eine Dame im Parka sieht sich die neusten Filme an…

Die Wächter dieses Landes sitzen dicht der Eingangspforte. In Geplänkel und Plausch vertieft – wenn sie nicht gerade die Besucher hilfsbereit beraten -, strahlen auch sie eine Muße aus, die außerhalb dieses Ortes schwer zu finden ist. Willkommen ist jeder, ohne Ansehen seines Berufs, seiner Herkunft, seines Alters und Bildungsgrads. Die Güter dieses Ortes sind verfügbar für jeden, der sich ihrer bedienen will, unter der Prämisse, sie dem Gemeinwohl nach Gebrauch wieder zu Verfügung zu stellen. Wer den monatlichen Preis eines Cappuccinos nicht zahlen kann, erhält den Eintritt vergünstigt oder gar umsonst. Ein Ort der Demokratie also, der Muße und der Kontemplation – und das alles mit der Straßenbahn erreichbar.

Ein wahres Utopia! Ich besuche es mit Freude – und will ihm hier ein Denkmal setzen, meiner kleinen, bescheidenen, kostbaren – Stadtteilbücherei!

~

Gibt es für dich auch einen Ort, der dich anrührt, dir Muße, Inspiration und Freude schenkt? Vielleicht magst du ihn hier teilen und davon schreiben? Ich freue mich!:-)