Familie, Persönliches

Allein, zu zweit, mit oder ohne Kind – Lebensentwürfe und ihre Chancen

Papierfigürchen, allein oder in Gruppen

Ich habe zwei Kinder, bin berufstätig und lebe in einer festen Beziehung. So sieht mein Leben heute aus. Das war aber nicht immer so. Ich hatte auch Phasen, in denen ich kinderlos und Single und mit Kind alleinerziehend war. Als allein-, beziehungsweise im Wechsel mit meinem Ex-Partner getrennt erziehende, Mutter habe ich 2018 auch diesen Blog begonnen. Ich kenne also Familie und das Leben als erwachsene Frau in seinen verschiedensten Facetten – Grund genug, mir Gedanken zu machen, welche Vor- und Nachteile die verschiedenen Familienformen haben können und was ich selbst aus diesen Lebensphasen mitgenommen habe. 

Alleine mit Kind: Verlust oder Chance?

Mitte 2019 habe ich darüber geschrieben, wie alleine zu reisen mit einem Kleinkind gut gelingen kann. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich in diesem Gebiet schon einige Erfahrung sammeln können. 2017 trennte ich mich vom Vater meines Sohnes und fuhr bereits gut drei Monate später mit meinem damals 1 3/4 Jahre alten Sohn zum ersten Mal allein in Urlaub. Mit allen Vor- und Nachteilen, die das alleine Reisen mit Kind mit sich bringen kann. Kurz vor dem vierten Geburtstag meines Sohnes wagte ich dann die erste Flugreise allein mit meinem Sohn, zu zweit reisten wir für zehn Tage nach Lanzarote. 

Ich erwähne diese persönlichen „Abenteuer“, da mir während der Reisen zu zweit besonders deutlich wurde, was das Leben als alleinerziehende Mutter für mich bedeutete: immer alleine die Verantwortung zu tragen und mir aktiv Unterstützung suchen zu müssen. Aber auch, besonders wertschätzende und stärkende Begegnungen erleben zu dürfen. Allein unterwegs mit meinem Sohn war ich in gewisser Weise offener für andere Menschen, als ich es jetzt, gemeinsam mit meinen zwei Kindern und meinem Partner, vielleicht bin. 

Als Alleinerziehende offen für Möglichkeiten

Pauschal kann ich natürlich nicht sagen: Alleinerziehendsein „erzieht“ zu Offenheit. Aber die Verantwortung für ein Kind zu haben und dabei bewusst den Kontakt zu anderen suchen zu müssen, wenn man nicht alles allein gestalten und auch als Mutter nicht immer allein sein möchte, das prägt durchaus. Ich würde inzwischen sagen: Es hat mich die Kraft entwickeln lassen, meine eigenen Grenzen gut wahrzunehmen. Ich kann meine Bedürfnisse inzwischen gut formulieren, Wünsche äußern und damit selbstbewusst für mich und meine Kinder sorgen. Ich bin durch lange Phasen des Alleinlebens, noch ohne Kinder, und auch durch den Umstand, mehrere Jahre im Alltag alleine für meinen älteren Sohn verantwortlich zu sein, sehr eigenständig geworden. Ich weiß, was ich kann und wie und wo ich mir Unterstützung hole, wenn ich etwas nicht kann. Ich habe außerdem keine Angst (mehr) vor dem Alleinsein, auch wenn ich es sehr schätze, in meiner jetzigen Partnerschaft nicht mehr alles alleine tragen zu müssen. 

Zugleich beinhaltet eine Partnerschaft ja nicht nur Rückhalt, liebevolle Zuwendung und Unterstützung – sondern auch die intensive Auseinandersetzung mit einem anderen Menschen. In guten, wie auch in weniger guten Zeiten. Das empfinde ich durchaus auch als Herausforderung: Ich muss nicht mehr allein „mein Ding“ machen, aber ich kann eben auch nicht mehr gerade so entscheiden, wie es mir passt. Ich bin auch dafür verantwortlich, wie ich die Beziehung zu meinem Partner oder meiner Partnerin gestalte. Und habe meiner Meinung nach in einer Liebesbeziehung auch die Verantwortung, das so zu tun, dass der oder die andere nicht (dauerhaft) darunter leidet. 

Bindung und Verantwortung in einer Beziehung

Insofern bin ich in einer Partnerschaft in gewisser Weise unfreier als ohne Partnerschaft: ich gehe Bindung und damit Verbindlichkeit ein – erst recht mit gemeinsamen Kindern. Andererseits kann es ein wunderbar befreiendes Gefühl sein, genau diese Entscheidung getroffen zu haben: ich bin eben nicht immer weiter auf der Suche, ich habe meinen (Lebens-) Rahmen gewählt und brauche mir – zumindest für den Moment – keine Gedanken mehr darum zu machen. Die Sicherheit einer stabilen Partnerschaft kann mir zudem den Rückhalt geben, mich auch meinen ganz individuellen Zielen mit Energie und Zuversicht zuzuwenden. Fühle ich mich geliebt und angenommen, wie ich bin, kann mich das darin stärken, auch anderen gegenüber ganz ich selbst zu sein und kraftvoll und mutig meinen Weg zu gehen. 

Wie mein bisheriges Leben mir gezeigt hat, führe ich erst jetzt, wo ich mich selbst annehme, eine wirklich liebevolle und stärkende Partnerschaft. Ich habe hierzu auch die Jahre allein sowie einige Jahre in anderen, nicht einfachen, Beziehungen gebraucht. Nur so konnte ich erfahren: Ich bin wie ich bin und nur, wenn ich mich dafür schätze und annehme, werden es auch andere tun. Um mit anderen in guter Weise zusammensein zu können, tat es mir persönlich gut, erst einmal recht lange allein zu sein. 

Fazit meiner bisherigen Lebensphasen

Kann ich eine Bilanz meiner (bisherigen) Lebensphasen ziehen? Was war einfach, was schwierig? Was habe ich gelernt? Was habe ich beibehalten, was gerne hinter mir gelassen? 

Das Alleinsein – ob ganz allein oder mit Kind – bietet die große Chance, sich selbst besser kennenzulernen, eigene Grenzen wahrzunehmen und Ressourcen zu entdecken. Gerade alleine mit Kind ist dieser Prozess meiner Meinung nach essenziell wichtig, da ich sonst den zahlreichen Anforderungen des Alltags kein wirklich starkes Ich entgegenstellen kann und mich sicher schwerer tue, meine Bedürfnisse zu äußern, für mich einzutreten und, falls nötig, auch Hilfe anzunehmen. 

Das alles sind jedoch Eigenschaften, die ich meiner Meinung nach nicht nur als Single oder Alleinerziehende brauche, sondern auch in einer Partnerschaft. Letztlich hält mir mein Partner oder meine Partnerin den Spiegel vor und lässt mich meinen eigenen „Entwicklungsstand“ erkennen. Bin ich im Reinen mit mir und nehme mich mit allen Stärken und Schwächen an? Erkenne ich meinen Wert? Bin ich gern mit mir selbst zusammen, mag ich mich selbst? Dann fällt es mir auch leichter, meinem Partner oder meiner Partnerin gegenüber selbstbewusst meine Wünsche und Bedürfnisse zu vertreten und zugleich seine oder ihre Bedürfnisse zu respektieren

Entwicklung vom Ich zum Wir

Vom Ich zum Wir, vom Fokus auf mich selbst und meine Entwicklung hin zu der Entwicklung mit anderen und einem Gestaltungswillen in der Welt: so könnte ich meine bisherige Entwicklung zusammenfassen. Jede meiner bisherigen Lebensphasen hatte ihren Reiz, ihre Herausforderungen und ihre Qualität – zusammen machen sie mich zu der zufriedenen, selbstbewussten Frau, die ich heute bin. 

Was die nächsten – hoffentlich dreißig oder vierzig – Lebensjahre mit sich bringen werden? Wie ich zum Beispiel mit 80 über mein Leben als 40-Jährige denken werde? Die Zukunft wird es zeigen. Was ich aber jetzt schon weiß: dass ich heute tatsächlich sehr zufrieden mit meinem Leben bin, ist sicher auch dadurch bedingt, dass ich das Leben immer ausgekostet habe. „Lieber gelebt, statt bereut“, könnte ich eines meiner Lebensmottos formulieren. Ich habe meine Wünsche nie in die ferne Zukunft verschoben und die verschiedensten Erfahrungen zugelassen, auch wenn sie zum Teil schmerzhaft waren. Ob als Single, allein mit Kind oder in einer Partnerschaft: letztlich macht dich nicht deine Lebensform zufrieden oder unzufrieden, sondern, wie du das Leben selbst lebst. Mutig und dir selbst treu oder so, wie du meinst, dass es „zu leben ist“, wie es dir also andere vorgeben. 

Dass ich bisher den Mut hatte, mein Leben in dieser Weise „mutig und echt“ zu führen, macht mich froh und, ehrlich gesagt, auch ein wenig stolz – und ich wünsche auch dir, wenn du diese Zeilen liest, den Mut und das Vertrauen, möglichst dir selbst gerecht zu werden in deinem Leben. Als Single, allein mit Kind und auch in einer Partnerschaft.

Herzlichen Gruß, Sarah Zöllner (mutter-und-sohn.blog)

Die Autorin ist Lehrerin, freie Autorin und Mutter eines Babys sowie eines Kindergartenkindes. 

Mehr von mutter-und-sohn.blog?

Dann abonniere meinen Blog über die sozialen Netzwerke Facebook oder Twitter, oder vernetze dich mit mir über LinkedIn. Auch über nette „Likes“ und geteilte Beiträge freue ich mich!

5 Gedanken zu „Allein, zu zweit, mit oder ohne Kind – Lebensentwürfe und ihre Chancen“

  1. Hey Sarah,
    ich finde spannend zu lesen, wie du die verschiedenen Lebensmodelle oder einfach „Lebensphasen“ aufdröselst und dein Fazit ziehst. Dazu lernen kann man immer, das stimmt, und man sollte es auch. Letztlich habe ich trotzdem einen riesigen Respekt vor Alleinerziehenden. Auch wenn du darin eine gewisse Freiheit finden konntest, ist es am Ende doch so unglaublich viel Arbeit und Fremdbestimmung. Umso schöner, dass du nun eine „wirklich liebevolle und stärkende Partnerschaft“ führst ❤

    Viele Grüße
    Nadine

    Gefällt 1 Person

    1. Hey Nadine,
      danke fürs Mitlesen! Und klar, ich will hier definitiv kein verklärtes Bild vom Alleinerziehendsein zeichnen. Ich weiß selbst noch, wie einsam und überfordert ich mich manchmal gefühlt habe, und ich war ja noch nicht mal komplett allein, sondern konnte mir die Erziehung weiter teilen… Andererseits wird es meiner Meinung nach immer noch oft so hingestellt, als sei frau einfach nur „arm dran“ als Alleinerziehende und auch als Familie seien Alleinerziehende und ihre Kinder irgendwie nicht komplett. Und dem möchte ich mit diesem Beitrag widersprechen, bzw. zeigen, bei allen Schwierigkeiten steckt in jeder Lebenssituation auch eine Chance. Und das gilt auch für das Leben allein mit Kind. Das zumindest durfte ich selbst erfahren und Ähnliches erzählen mir auch immer wieder alleinerziehende Bekannte und Freundinnen.
      Herzlichen Gruß, Sarah

      Gefällt 1 Person

    2. Hey Sarah, ja, ich sehe auch, dass Alleinerziehende durchaus ihren Weg gehen oder einen (neuen) Weg finden. Aktuell habe ich wieder eine „frische“ Alleinerziehende im Freundeskreis, die ihre Ausbildung zwar aufgeben musste, aber inzwischen etwas Neues angefangen hat. Einerseits schade und echt blöd gelaufen, andererseits geht es trotzdem für sie und die Kleine weiter. Viele Grüße, Nadine

      Gefällt 1 Person

    3. Musste deine Freundin die Ausbildung abbrechen, weil ihr Einkommen sonst nicht gereicht hätte? Oder hatte sie keine ausreichende Kinderbetreuung? Falls ja, müssten da wirklich Sicherungssysteme greifen, entweder finanziell oder auch bezüglich Betreuung! Für Alleinerziehende sind die reduzierten Betreuungszeiten jetzt während der Pandemie ohnehin doppelt belastend. In Köln hatten wir monatelang nur eine reduzierte Betreuung von 9-15 Uhr (bei gebuchter 45h-Betreuung, sonst noch weniger Stunden). Und im ersten Lockdown gab es Kinderbetreuung für Alleinerziehende ja erst mal sogar nur bei „systemrelevantem“ Beruf. Unter den Umständen alleine eine (Vollzeit-) Berufstätigkeit auszuüben, ist fast unmöglich. Armut und (berufliche) Ausgrenzung von Alleinerziehenden hat also auch strukturelle Gründe.

      Like

  2. Die Ausbildung ging leider nicht in Teilzeit zu absolvieren. Sie hatte zwar erst ganz optimistisch gedacht, mit Tagesmutter und Babysitterin würde es trotzdem klappen, aber das war unrealistisch. Jetzt ist sie umgezogen und hat ihre Eltern in der Nähe. Ihre Arbeitszeiten in der neuen Ausbildung passen jetzt auch besser zur Kinderbetreuung. Sie hat jetzt recht zuverlässig nachmittags Feierabend.

    Like

Hinterlasse einen Kommentar