Familie, Hochsensibilität

Hochsensibel und zwei Kids: 5 Tipps für ein entspanntes Familienleben

Blumen vor hellblauem Himmel

„Mir wird gerade alles zuviel. Haltet einfach mal die Klappe!“ Bin ich dieses Wesen mit rotem Kopf, das sich die Hände gegen die Schläfen presst und wutschnaubend aus dem Zimmer stapft? J-ein. Eigentlich nicht. Eigentlich kann ich meine Gefühle gut regulieren, für mich sorgen, eine für mich wohltuende Mischung aus Anregung und Entspannung schaffen. Eigentlich. Wenn da nicht gerade zwei Jungs wie wildgeworden durch die Wohnung toben, ein Mann mit mir etwas besprechen will, der Postbote klingelt, die Spülmaschine auf einmal leckt und ich dringend etwas essen müsste. Ja… dann kann es tatsächlich passieren, dass aus mir dieses seltsame Wesen wird. Und weil das niemandem gut tut, inklusive mir selbst nicht, veröffentliche ich hier fünf erprobte Tipps, wie du als hochsensible Mutter mit zwei Kids gerade NICHT täglich die Krise kriegst

In aller Kürze: 5 Hilfe-Rezepte für hochsensible Eltern

  1. Schweigen
  2. Alles an seinem Platz
  3. A room of one’s own (frei nach Virginia Woolf)
  4. Zeit mit nur einem Kind
  5. Zeit für sich 

Ruhe? Ordnung? Zeit für sich? Selten mit zwei Kindern, einer schnell überreizten Mama und einem Papa, der in dem ganzen Durcheinander auch mal was sagen möchte. Besonders abends und zu Essenszeiten kulminiert das Ganze dann darin, dass alle reden, lachen, streiten – und keiner mehr zuhört. Irgendwann platzt uns Großen fast der Kopf, der größere der Jungs motzt und jammert und der kleinere geht in dem Missklang schlicht unter. 

Hilfe-Rezept Nr. 1: Schweigen

„Wer hält es am längsten aus, nichts zu sagen? Auf die Plätze, fertig, los!“ Auf einmal himmlische Stille am Abendbrottisch. Keine Sache, die „mal eben noch“ geklärt werden soll, kein lautstarkes Geplapper, keine Ermahnung. Statt dessen Gesten, vielleicht ein unterdrücktes Kichern – nur der Kleinste ist auf einmal hörbar und nutzt sichtlich erfreut die Gunst der Stunde: Örööööää!… Unglaublich, wie gut das tut. Nur essen, trinken, zu sich kommen. Genial. Und funktioniert sogar, wenn nur die Eltern mitmachen. Rummotzen ist auch für Fünfjährige einfach nicht so attraktiv, wenn als Reaktion eine Mahlzeit lang nur ein stilles Lächeln folgt.

Hilfe-Rezept Nr. 2: Alles an seinem Platz

Was Ordnung und Struktur für hochsensible Eltern bedeutet, merkt man im Grunde erst, wenn sie durch zwei Kinder und womöglich noch äußere Umstände wie zum Beispiel einen Umzug auf den Kopf gestellt wird. Feste Plätze für alles, was mit einem Griff erreichbar sein muss, sind dagegen ein wahrer Segen, um im täglichen Chaos die Ruhe zu bewahren. Das Kind kommt mit Zecke im Bein aus dem Garten: gut zu wissen, wo die Pinzette liegt, um sie zu entfernen. Genauso der Handbesen, wenn mal wieder die Hälfte des Essens auf dem Boden landet. Oder der Schnuller, nach dem schlaftrunken verlangt wird. Ebenso wie die frischen Unterhosen und die Taucherbrille, die der Große auf einmal beim Baden tragen will. Außerdem tut es einfach Augen und Seele gut, auf leere Flächen zu schauen, nicht überall auf Lego- und Playmobil-Figuren zu treten und nicht noch zusätzlich Energie in die Suche all des täglich benötigten Kleinkrams stecken zu müssen. 

Auch im Tagesablauf hilft Struktur sehr. Um Wochenenden nicht zu endlosen 48 Stunden Toben, Quengeln und Erschöpfung werden zu lassen, brauchen wir hochsensible Eltern klare, nicht zu komplexe Aufgaben: Frühstück, dann Duschen, Still- und Ruhezeit (mit Baby). Ein kleiner Spaziergang zum Spielplatz mit beiden Kindern, wieder kurze Still- und/oder Ruhezeit, ein einfaches Mittagessen, Mittagsschlaf, als Eltern getrennt mit jeweils einem Kind raus oder etwas zuhause spielen, Abendessen zusammen, jedes Elternteil bringt ein Kind ins Bett, spätestens 8 Uhr ist Ruhe. So in etwa kann so ein Tagesplan am Wochenende aussehen. Kann, muss natürlich nicht. Und wem das jetzt verkrampft und pedantisch vorkommt, dem sei gesagt: ein derart vorgeplanter Wechsel aus Drinnen und Draußen, Bewegungs- und Ruhezeit, Zeit in voller Besetzung und Zeit mit nur einem Kind, beziehungsweise zu zweit, ist allemal entspannter als die Erwartung, sich am Wochenende „irgendwie“ zu erholen mit Krabbel- und quirligem Vorschulkind!

Hilfe-Rezept Nr. 3: A room of one’s own

Ein eigenes Zimmer: ist das nicht nur was für Teenies, die hinter sich die Tür zumachen wollen? Nun, ich sage, es ist sehr wohl auch ein wunderbares Mittel für hochsensible Eltern, die nicht dauerhaft überreizt durch den Tag wanken wollen. „Ich geh mal zu mir!“ Wunderbar, das auch im gemeinsamen Haus oder der gemeinsamen Wohnung sagen zu können. Während Wohnzimmer, Küche, Garten oder Balkon und weitere Räume allen gehören, hat eben jedes Elternteil auch noch einen Raum für sich. Kann auch eine mit einem Vorhang abgetrennte Nische sein. Vielleicht lässt sich der Dachboden ausbauen oder im Notfall sogar ein Kellerraum nutzen. Wir haben zum Beispiel unser jetziges Haus als Familie nach genau diesen Kriterien gesucht: jedes Elternteil hat einen Raum, der nur ihm oder ihr gehört und darf zu diesem natürlich auch die Türe schließen. Besuch ist gern gesehen, muss aber warten, bis er hereingebeten wird. Nicht erst seit Virginia Woolfs Forderung („A woman must have money and a room of her own if she is to write fiction“) eine echte Rettung in manch stressiger Familiensituation.

Hilfe-Rezept Nr. 4: Zeit nur mit einem Kind

„Hat man zwei Kinder, ist eines allein wie Urlaub.“ Markige Sprüche wie dieser von zweifachen Eltern fand ich immer etwas unglaubwürdig – und kann sie jetzt – selbst Mutter zweier Kinder – doch unterstreichen. Daher unser Mittel, wenn zu viert alles zu viel wird: wir teilen die Rabauken auf. Einer geht mit dem Großen nach draußen, der andere spielt mit dem Kleinen. Auf einmal wird die Konzentration auf ein Kind wieder möglich. Dazu die Hälfte der Lautstärke, keine sich widersprechenden Bedürfnisse, viel mehr Raum für echtes Zusammensein und nicht nur dafür, die Zeit im großen Kreis irgendwie herumzubringen. Das heißt natürlich nicht, dass wir nicht auch gern Zeit zu viert verbringen. Aber wenn gerade alles zu turbulent wird, kann es enorm hilfreich sein, sich mal nur um eins von zwei Kindern kümmern zu müssen.

Hilfe-Rezept Nr. 5: Zeit für sich

Als Notrezept für hochsensible Eltern darf Zeit für sich selbst nicht fehlen – auch wenn gerade die im Familienalltag oft schwer zu finden ist. Auch daher plädiere ich für klare (zeitliche und räumliche) Strukturen: damit die Abende wirklich kinderfreie Zeit sind und zumindest zwei bis drei Stunden lang Raum für Ruhe und Regeneration bieten. Damit auch klar ist: jetzt nimmt sich Mama oder Papa eine Auszeit (für einen Kaffee, eine halbe Stunde allein auf der Couch oder im eigenen Zimmer (s.o.)) und da dürfen ihn oder sie auch die Kinder nur im Notfall stören. Zeit für sich selbst, für die eigenen Bedürfnisse und Interessen, ist für hochsensible Eltern vermutlich noch wichtiger als für Eltern ohnehin. Denn nur dabei regenerieren wir und sammeln die Kraft, die wir im Alltag mit unserem Kindern dringend brauchen. Ich selbst schreibe zum Beispiel fast jeden Abend an meinen Texten, recherchiere oder tausche mich mit anderen Autorinnen oder Autoren aus. Dies zu tun ist für mich „tätige Erholung“ und wunderbarer Ausgleich zu meinem turbulenten Alltag mit zwei kleinen Kindern. Ohne meine Auszeiten mit mir selbst und Dingen, die ich nur für mich und aus eigenem Antrieb tue, könnte ich sicher eine viel weniger liebevolle und ausgeglichene Mutter sein, als ich es oft bin. Weil ich das weiß, nehme ich mir diese Zeiten, die nur mir selbst gehören. 

Wie ich bereits in einem anderen Artikel zum Thema Hochsensibilität und Elternsein schrieb: die erhöhte Reizempfänglichkeit und intensive Verarbeitung äußerer Eindrücke, die mit einer hochsensiblen Veranlagung einhergeht, kann für dich als Mutter oder Vater durchaus zur Stärke werden – insofern du weißt, wie du deine Konstitution nutzen und achtsam mit dir und anderen umgehen kannst. Ein „dickes Fell“ kannst du dir als hochsensible Mutter oder hochsensibler Vater ohnehin nicht zulegen, also nutze deine feinen Sensoren und deine Sensibilität, um zu erspüren, was genau dir guttut und was du brauchst, um im Familienleben liebevoll und ausgeglichen zu sein.

Kannst du etwas mit meinen „Hilfe-Rezepten“ anfangen? Was tust du, um dich mitten im Familientrubel zu entspannen und einen klaren Kopf zu behalten? Ich freue mich über weitere Anregungen und Kommentare! 

Herzlichen Gruß, Sarah Zöllner (mutter-und-sohn.blog)

Die Autorin ist Lehrerin, Autorin für Familienthemen und Mutter eines Babys sowie eines Kindergartenkindes.

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[Foto: Pixabay]

3 Gedanken zu „Hochsensibel und zwei Kids: 5 Tipps für ein entspanntes Familienleben“

  1. Liebe Sarah, ja ich kann das alles nur zu gut nachvollziehen. Alles an seinem Platz, wäre mein Traum. Nur mit einem Sammler als Mann echt schwierig. Aber ich habe gelernt (meistens) auszublenden.
    Was mir am allermeisten geholfen hat, ist der Gehörschutz. Früher Ohrstöpsel oder ein Gehörschutz-Kopfhörer. Und jetzt habe ich Noisecancelling Kopfhörer ohne Kabel. Die gehen auch ganz ohne Musik und filtern für mich den ganzen Begleitlärm. Einfach himmlisch.
    Liebe Grüsse Karin

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    1. Liebe Karin,
      danke für deinen Kommentar und den ergänzenden Tipp! Ja, der Hinweis auf die Ohrstöpsel bzw. Kopfhörer ist super und stelle ich mir auch sehr hilfreich vor! Herzlichen Gruß und einen kühlen Kopf im alltäglichen familiären Chaos!;-) Sarah

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