Ein Buch über Berührung: das macht neugierig. Ein Buch, das in seiner Gestaltung so zurückgenommen daherkommt, mit viel Weiß auf dem Umschlag und zwischen den Zeilen: das wirkt je nach Stimmung karg oder auf das Wesentliche reduziert. Als ich zu lesen beginne, merke ich: hier steht kein Wort zuviel. Zugleich entfalten manche Sätze ihre Wirkung gerade durch den Raum, den Hanna Krstić ihnen auch visuell gibt. „Ihre Massagen sind wie eine Brücke zu mir. Je länger die Behandlung dauert, desto weniger Gepäck habe ich dabei.“ Das ist so ein Satz.
In 28 alphabetisch geordneten Episoden und kurzen Zitaten beschreibt Hanna Krstić ihre Arbeit der TouchLife Massage, einer besonderen Art therapeutischer Berührung. Mitte der 1980er Jahre entwickelten die Massage-Lehrer Frank B. Leder und Sylvia Gräfin von Kalckreuth diese ganzheitliche Methode. TouchLife bezieht in einem Vor- und Nachgespräch das Wort mit in die Behandlung ein und bringt Menschen über Berührungen, Atem und Energieausgleich mit sich selbst in Kontakt. Man könnte sagen, Hanna Krstić hilft Menschen, sich aus den Verhärtungen zu schälen, die das Leben ihnen zugefügt hat und begleitet sie dabei, sich selbst zu begegnen.
„Wie fühlst du dich nach der heutigen Massage?“ „Es ist wie ein Wiedersehen mit mir selbst. Nach langer Zeit.“ So ein/e Klient/in.
Rheinländerin mit serbisch-ungarischen Wurzeln
Krstić selbst ist Rheinländerin mit serbischen und ungarischen Wurzeln. Seit 25 Jahren praktiziert sie TouchLife und massiert seit inzwischen 10 Jahren in eigener Praxis in Köln Alte und Junge, körperlich und seelisch Versehrte sowie Menschen, die scheinbar über eine unerschütterliche Gesundheit verfügen. Ihre Klient/innen kommen zu ihr, weil sie Entspannung, Erholung oder schlicht die Berührung selbst suchen. Krstić selbst nennt ihre Arbeit an einer Stelle ihres Buches ein „Ehrenamt“: Sie lässt Liebe durch sich strömen und fühlt sich geehrt, dass Menschen sich ihr öffnen und sich auch emotional von ihr berühren lassen.
Auch mich berühren ihre Texte und ich bin froh, auf dieses kleine Buch gestoßen zu sein, ebenso wie auf TouchLife an sich. Auch ich habe diese Form der therapeutischen Massage bereits mehrmals genossen. Sie hat mich durch Zeiten begleitet, in denen ich mein Leben als fordernd und mühevoll erlebt habe. Mit Säugling oder in den Monaten nach meiner Trennung. Als Berührung nur noch Geben zu sein schien und als mich niemand mehr berührte. Auch ich durfte die Erfahrung machen, mir während dieser besonderen Form der Massage zu begegnen und (wieder) bei mir anzukommen. In neuer Kraft und Einheit mit mir selbst. Oder wie es eine weitere Klientin – oder ein Klient – formuliert:
„Wie fühlst du dich nach der heutigen Massage?“ Kurzes Nachdenken. Langes Aufatmen. „Versöhnt.“
Ein lesenswertes, tatsächlich berührendes Buch!
Herzlich, Sarah
Hanna Krstic: „Berührungspunkte von A bis Z. Menschliche Berührung ist durch nichts zu ersetzen“. 2020.
Mehr zum Thema Berührung?
Zum Beispiel in diesem Blogbeitrag „Berührt euch! Vom Segen menschlicher Berührung“.
Oder auch in meinem eigenen, 2020 erschienen, Buch: „Alleinerziehend – und nun? Texte der Stärkung nach Trennung und Verlust“.
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[Foto: hanna-k.de]
Ein Buch, das mich besonders berührt in Zeiten, in denen „Abstand halten“ zur Solidarität erklärt wird, ein Händedruck unter Fremden beinahe als rücksichtslos gilt und wir schon fast erschrecken, wenn uns jemand außerhalb unseres engsten (Familien-) Kreises in den Arm nehmen will. Nicht alle Menschen haben das Privileg, im Alltag liebevoll berührt zu werden – momentan oft noch weniger als sonst. Ich wünsche uns, dass wir ggf. auch ohne Umarmung Dinge finden, die unsere Herzen berühren und Menschen, mit denen wir unsere Berührtheit teilen können!
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