Aber wie oft finde ich Anerkennung wirklich in mir selbst? Wie oft fühle mich aus der Balance gebracht und erwarte von meinen engen Freunden, meiner Familie und vor allem von meinem Partner oder meiner Partnerin sinngemäß: „Mach, dass es mir wieder gut geht!“ Gib mir, was mir fehlt – Ruhe, Zuversicht, Anregung, Lebendigkeit, Entspannung, Tatkraft, Freiraum, Unterstützung etc.
Und wehe, es kommt nicht, was ich, mit schon leerem Gefühls-Akku, fordere… Dann fühle ich mich zurückgewiesen, erst recht unter Strom oder von aller Welt verlassen und finde fast keinen Ausweg aus dieser Kindersehnsucht danach, dass einer oder eine da draußen heil macht, was mich innen quält.
Nun – als erwachsene Frau (und als erwachsener Mann) bin ich diejenige und derjenige, die allein mein Problem lösen kann.
Und natürlich hilft es, wenn ich damit nicht alleingelassen werde.
Aber zuallererst gebe ich mir selbst den Raum, da zu sein, mit allem, was in mir ist (Anspannung, Einsamkeit, Frust, überbordende Freude) und DANN zu beginnen, mir selbst zu geben, was mir fehlt.
Was es bedeutet, mich wirklich anzuerkennen
Das meine ich damit, mich im tiefen Sinn anzuerkennen: Ich nehme mich an mit aller Unvollkommenheit und halte aus, dass außen keiner und keine sagt: „Du bist perfekt so.“ Vielleicht bekomme ich sogar als Reaktion: „Warum bist du so? Das erschreckt mich, bedrückt mich, strengt mich an.“
Wir alle haben Tage, an denen wir in dieser elementaren Weise bedürftig sind. Und sehr groß ist der Impuls, gerade unsere liebsten Menschen darum zu bitten, uns diese Lücken zu füllen.
Aber das kann nunmal kein anderer Mensch.
Natürlich, es ist schön, wenn wir nicht ganz unbegleitet bleiben und wenn Momente der Schwäche und Verunsicherung beim anderen nicht eigene Verunsicherung und, daraus resultierend, gar Abwehr erzeugen. Schön ist das. Aber nichts, worauf wir einen Anspruch haben. Nicht mehr, wenn wir selbst erwachsen sind.
Und jetzt?
Was stelle ich also in diesem Moment übergroßer Sehnsucht an? Mit mir selbst und den Menschen um mich?
- Ich lasse los. Der oder die andere ist nicht in der Weise für mich da, wie ich ihn oder sie bräuchte? Es ist so. Ich kann es nicht ändern. Ich lasse los.
- Ich umarme mich innerlich und schenke mir Dinge, die mich kräftigen (Ruhe, ein Schaumbad, ein warmes gesundes Essen). Versuche ich bei mir zu bleiben und mit all meinen Schmerz, meiner Sehnsucht einfach nur da zu sein? Das ist harte Arbeit. Dafür kann ich mir schon einen guten – auch körperlichen – „Boden“ schaffen!
- Ich lasse die Trauer zu. Darüber, dass ich jetzt nicht bekomme, wonach ich mich sehne und dass ich es vielleicht schon einmal nicht bekommen habe und mich gerade deswegen jetzt so sehr danach sehne. Habe ich losgelassen und mir liebevolle Fürsorge gegeben, ist die Trauer, die ich in diesem Moment spüre, „weich“ und heilend. Es ist völlig in Ordnung, dass ich diese Sehnsucht in mir trage. Und ich bin sehr liebevoll mit mir, wenn ich mich traurig sein lasse darüber, dass mir etwas fehlt.
- Und dann – aber das kann nur der letzte Schritt sein nach dem Loslassen, dem mich Stärken und der Trauer – dann nehme ich mich vielleicht langsam und in kleinen Schritten wirklich an, mit dem, was fehlt. Es ist ganz schön mutig, wenn ich mich in dieser Weise „nackt“ anzusehen wage. Ja, diese Kerbe in der Seele habe ich. Da ist eine Lücke. Aber ich kann sie mir selbst füllen. Dadurch, dass ich hinsehe, hinfühle und mich in langsamen Schritten immer mehr annehme. Wie ich eben bin: vollkommen unvollkommen.
Herzlich alles Gute dir auf deinem Weg, Sarah
[Foto: Pixabay]
Danke für diesen guten und wichtigen Text, Sarah und für deine konkreten Tipps.
Genau das ist die Herausforderung in unserem Leben: uns selbst die Liebe und Anerkennung zu geben und sie nicht von unseren Partnern, Kindern oder Freundinnen einzufordern oder heimlich zu erwarten.
„So lange du auf die Anerkennung anderer hoffst, verlierst du dich selbst.“
Viele Grüße,
Christina
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Liebe Christina,
danke für deinen Kommentar! Ja, genau das ist unsere Aufgabe und je nach eigener Kindheit und Prägung fällt sie mal leichter und mal schwerer.
Ich sehe in diesem Zusammenhang das im privaten, frühpädagogischen und schulischen Bereich sehr verbreitete Bewerten ganz natürlicher Entwicklungsschritte (sei es als gut gemeintes Lob oder auch in Form von Entwicklungs- oder Lernstandsberichten in Kindergarten oder Schule) sehr kritisch. Hat ein Kind erst mal verinnerlicht, dass fast alles, was es tut, als „Leistung“ gewertet und auch bewertet wird, kann dies den einseitigen Blick nach außen in Bezug auf Anerkennung fördern im Sinn von „Ich mache das gut, wenn andere es gut finden“. Eigentlich müssten wir unsere Kinder viel öfter nach ihrer eigenen Einschätzung fragen statt sie von außen zu bewerten!
Herzlichen Gruß, Sarah
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Danke für diesen tollen Text.
Ich unterschreibe das genauso!
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Danke! Es freut mich immer, wenn einer meiner Texte meine Leser/innen berührt – und noch mehr freue ich mich, davon zu erfahren!🙂 Lg, Sarah
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