Familie, Gesellschaft

Mit anderen Wurzeln. 40 Mütter aus aller Herrinnen Länder erzählen (Rezension 4/5)

Buchcover „Mit anderen Wurzeln“ (Ulrike Helmer Verlag)

Teil 4/5 der Rezensions- und Buchvorstellungsreihe „Mütter und Gesellschaft“. Hier geht es (demnächst) zu Teil 1, Teil 2, Teil 3 und Teil 5 – inklusive VERLOSUNG!

„Die Zukunft eines Landes hängt von den Müttern ab“. Dieses Sprichwort zitiert eine der befragten Mütter aus Shirin Lauschs wunderbarem Buch „Mit anderen Wurzeln“, gerade erschienen im Ulrike Helmer Verlag. 40 Frauen aus aller Welt erzählen, wie sie ihr Muttersein in Deutschland erleben, auch im Vergleich zu den Erfahrungen in ihrem Herkunftsland. 

Licht und Schatten der Mutterschaft in Deutschland

Hier in Deutschland empfinden wir die Situation von Müttern oft als schwierig, beklagen Mängel in der Geburtshilfe, die nur schwer umsetzbare Vereinbarkeit von Familie und Beruf oder die Isolation junger Familien. Dieses Buch macht deutlich, dass Errungenschaften wie der immerhin 14-wöchige Mutterschutz vor und nach der Geburt, Elternzeit und Elterngeld oder auch kostenlose medizinische Versorgung unter der Geburt oder die Schulbildung unserer Kinder keineswegs selbstverständlich sind. Genauso wenig wie eine Erziehung, die sich grundsätzlich an den Bedürfnissen der Jüngsten orientiert und sie, zumindest dem Ideal nach, von klein auf als vollwertige Menschen betrachtet. Viele der Mütter, die in diesem Buch zu Wort kommen, sind dafür dankbar. 

Zugleich nehmen viele aber auch die Nachteile einer Gesellschaft wahr, in der Eltern nach der Geburt ihrer Kinder oft weitgehend auf sich allein gestellt den Alltag bewältigen müssen und wo an Mütter hohe und zum Teil widersprüchliche Erwartungen gestellt werden. Viele der immigrierten und in Deutschland lebenden Frauen fühlten sich zumindest am Anfang einsam und überfordert. Sicher nicht nur eine Folge des Kulturschocks oder konkreter rassistischer Erfahrungen, sondern auch eine Konsequenz der hierzulande schlicht alltäglichen Isolation und Überlastung junger Eltern, die eben auch strukturelle Gründe hat

Was sagt Raina aus Jordanien zum Schwangersein in Deutschland, was Ana aus Mexiko zur Kindererziehung? Was Ann aus Sri Lanka zu ihren Erfahrungen als alleinerziehende Mutter, was Solla aus Island zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf? Die Protokolle ermöglichen einen persönlichen Einblick in das Leben der vorgestellten Frauen, ohne Anspruch auf Allgemeingültigkeit, sind aber gerade durch die Erfahrungen der Frauen und die Offenheit, mit der sie darüber berichten, augenöffnend und höchst spannend!

Somit lässt mich das Buch sowohl fröhlich aus auch nachdenklich zurück. Es ist einfach schön, die Vielfalt dieser Mütter mitten in Deutschland wahrzunehmen, ihre Verbundenheit mit der Kultur ihres Herkunftslandes zu spüren und zugleich ihre Offenheit und Bereitschaft, sich mit ihren Kindern auf das „Abenteuer Deutschland“ einzulassen. Die porträtiertem Mütter haben ganz unterschiedliche berufliche und private Hintergründe, leben mit Partner oder ohne, mit mehreren oder nur einem Kind. Auch sind ihre Kinder unterschiedlich alt und ihre Herkunftskulturen unterscheiden sich natürlich enorm. Dementsprechend unterschiedlich sind ihre Vergleichswerte und Erfahrungen.

Eigene Privilegien neu schätzen lernen

Was mich beim Lesen freut: ich lerne das enorme Privileg einer frei zugänglichen und (weitgehend) kostenfreien medizinischer Behandlung unter der Geburt neu schätzen, ebenso wie die Freiheit und Sicherheit, die meine Kinder und ich in Deutschland genießen. Und sicher auch mein Privileg, als in Deutschland geborene Frau im Alltag eben nicht immer „die Andere“ zu sein. 

Zugleich nehme ich wahr, wie reich an Wärme und Fürsorglichkeit in mach anderer Kultur zum Beispiel die erste Zeit nach der Geburt gestaltet wird, 40 Tage, die Mutter und Kind ganz selbstverständlich zugestanden werden, um in liebevoller Begleitung von Familie und Freunden ihr gemeinsames Leben zu entdecken. Und mich beeindruckt, als wie essentiell Mütter, unabhängig von ihrer Herkunftskultur, ein unterstützendes soziales Netz empfinden, sei es durch Familienangehörige oder durch einfühlsame Menschen, die Familien professionell begleiten. Fehlt dieses Netz, ist das nicht nur für die Mutter selbst schmerzlich, sondern auch für ihre Kinder. 

Ein augenöffnendes Buch

Insgesamt ein wirklich augenöffnendes Buch, über den „deutschen Tellerrand“ hinaus – schön, dass Autorin Shirin Lausch und der Ulrike Helmer Verlag den 40 Frauen, die hier vorgestellt werden, den Raum geben, ihre Geschichten in dieser Form zu erzählen. Auf jeden Fall lesenswert!

Buchcover „Mit anderen Wurzeln“ (Verlosung auf mutter-und-sohn.blog)


Macht mit bei der Verlosung!*

Ihr könnt ein Exemplar von „Mit anderen Wurzeln. 40 Mütter aus aller Herrinnen Länder erzählen“ gewinnen. Kommentiert dazu hier im Blog, was euch in Deutschland am Muttersein gut gefällt und was ihr gern von anderen Ländern übernehmen würdet.

Herzlichen Gruß, Sarah Zöllner

Die Autorin ist freie Journalistin, Autorin für Familien- und Gesellschaftsthemen und Mutter eines Kindergarten- sowie eines Grundschulkindes.

Weitere spannende Bücher – mit Verlosung – findet ihr hier (und könnt sie auch gewinnen!):

22.04.: „Mission possible: Gemeinsam für Gleichberechtigung“ (Hrsg. Dr, Susan Niemeyer und Cornelia Wanke)

26.04.: „Flexibler Umgang nach Trennung: Unsere Erfahrungen, unsere Learnings, unser Leben!“ von Silke Wildner

03.05.: „Solo, selbst und ständig: Was Alleinerziehende wirklich brauchen“ von Anne Dittmann

… und am 13.05.2023:

Unsere eigene BUCHNEUERSCHEINUNG (geplant für September 2023). Passend zum Muttertag dann auch mit Cover, Thema und Titel! 😊

Mehr von mutter-und-sohn.blog?

Ja, du willst keinen Beitrag mehr verpassen!

Auch über die sozialen Netzwerke FacebookTwitter oder LinkedIn kannst du dich mit mir vernetzen. Mehr zu aktuellen Terminen und Projekten als Autorin erfährst du über Instagram.

Ich freue mich auf dich!

[*Rechtliches rund um die Verlosung: Mit der Teilnahme am Gewinnspiel erklärt ihr euch bereit, mit Namen und E-Mail-Adresse in meinen Blog-Newsletter aufgenommen und beim Erscheinen neuer Beiträge benachrichtigt zu werden. Das Austragen aus dem Newsletter ist jederzeit möglich. Die Verlosung endet am 14.05.2023, 23.59 Uhr, der Versand der Bücher erfolgt in der Woche ab dem 15.05.2023. Die Gewinner:innen benachrichtige ich per Mail. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Danke an die Verlage für die Rezensions- und Verlosungsexemplare. Alle Beiträge dieser Reihe geben dennoch ausschließlich meine persönliche Meinung wieder. Fotos: privat]

18 Gedanken zu „Mit anderen Wurzeln. 40 Mütter aus aller Herrinnen Länder erzählen (Rezension 4/5)“

  1. Soeben las ich die Rezension dieses scheinbar sehr interessanten Buches.
    Ich selbst konnte als gebürtige Deutsche das Muttersein in 2 verschiedenen gesellschaftlichen Systemen erleben. In der DDR und der BRD.
    Meine Kinder sind 36, 33, 26. Meine beiden Pflegekinder 15 und 2 Jahre alt.
    Als ich mein erstes Kind in der DDR bekam, musste ich laut Gesetz, nach 6 Monaten zu Hause, mein Kind in die Krippe bringen um wieder zu arbeiten. 2 Monate später dann kam das neue Gesetz, welches einer Mutter die Möglichkeit gab, bis zum 1. Geburtstag mit dem Kind zuhause zu bleiben.
    Ich erlebte die Erziehung und Mütterbetreung als systemisch in der DDR. Es lief streng nach Plan mit dem Hintergrund, die Mütter schnell wieder in die sozialistische Arbeitswelt zu integrieren und die Kinder frühzeitig in Kindergruppen zu angepassten zukünftigen sozialistischen Bürgern zu erziehen. Es war auf keinen Fall alles schlecht. Vor allem die Bildung in der DDR war definitiv besser. Das sehe ich als Integrationserzieherin in der Kita überaus deutlich.
    Verglichen mit der heutigen Tendenz schneidet die DDR gar nicht so schlecht ab. Ich erlebe in einer Multi-Kulti-Kita, in der ich seit 4 Jahren arbeite, immer wieder dieselbe Problematik: Kinder, die nicht, bzw. spät, Deutsch kommunizieren können, da ihre Eltern es nicht lernen können/wollen trotz jahrelangem Aufenthalt in Deutschland und die zum Teil falsch verstandene Partizipation in der Kita. Als Pflegemutter eines 2jährigen Kindes wünsche ich mir in den Kitas mehr Bildung neben dem Spiel… welches sehr wichtig ist natürlich. Auch denke ich, dass Medienmissbrauch bei Eltern im Zusammenhang mit ihren Kids ein großes Problem darstellt.
    Und: was gerade im Wandel ist und alles mit Partizipation entschuldigt wird… es werden den Kindern zu wenig Grenzen gesetzt und somit lernen die Kinder, mit Fehlverhalten „durchzukommen“. Gibt viele Beispiele dafür, die ich täglich beobachte.
    Zusammenfassend, unabhängig von der Erziehung im Wandel, bin ich hier in Deutschland sehr gerne Mutter und bin überaus dankbar für die Unterstützung, die man hier ganz selbstverständlich erhält. Ich fühle mich wohl in diesem sicheren Netz. Ich habe viele Möglichkeiten mit meinen Kids Dinge zu unternehmen… fühle mich vom Gesundheitssystem gestützt und finde bei Problemen Unterstützung bei Ämtern.
    Lieben Gruß Britta Salewski

    Gefällt 1 Person

  2. Dieses Buch packt mich jetzt schon. Ich brenne darauf es zu lesen!
    Vielleicht habe ich ja mal Glück…

    Vor wenigen Wochen war ich in Afrika, Nigeria. Dort gibt es eine Menge Waisenhäuser, da viele Frauen es sich einfach nicht leisten können ein Kind groß zu ziehen, oder sie ungewollt schwanger wurden. Die Zahl der Waisenkinder ist wirklich erschreckend hoch.
    Gleichzeitig sind viele Kinder bereits sehr früh in den Alltag eingebunden und Kindergarten und Schule steht nur wenigen zur Verfügung.
    Wir können hier wirklich sehr dankbar sein, auch wenn unser System trotz allem noch ausbaufähig ist.

    Gefällt 1 Person

  3. Einerseits gefällt mir so gut an uns deutschen Mamis, dass wir so strukturiert sind – aber bisschen Lockerheit und Lebensfreude und auch mal wieder Kind sein können wir uns dennoch abgucken.

    Like

  4. Ich bin sehr neugierig auf dieses Buch. Meine Arbeit im familiensystemischen Kontext lässt mich in viele verchiedene Familienkonstrukte reingucken. Viele Fragen meiner Klient_innen beschäftigen sich mit der Rolle als Elternteile in der heutigen Zeit. Diese Fragen, die häufig durch ein stets optimiertes Außen (Kurse zu allen möglichen Themen, Literatur, Social Media etc.) aufgeworfen werden, überdecken das Innere, Intuitive, was Elternschaft eben auch ausmacht. Ich wünsche mir, dass Eltern wieder mehr ins Vertrauen mit ihrer inneren Weisheit kommen und sich erlauben, unperfekt und selbst wachsend sein zu dürfen. Es ist gut, dass wir diesen Reichtum im Außen haben und zu jeder Zeit Wissen verfügbar ist. Sich nur darauf zu stützen, ist aus meiner Sicht aber eben auch einer der Gründe, der zur Unsicherheit beiträgt. Deshalb: Mehr Mut und mehr Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten.

    Like

  5. Ich war zu DDR-Zeiten Mutter und da hatten wir Frauen monatlich einen bezahlten „Haushaltstag“, den hätte ich sehr gern übernommen.

    Like

  6. Ich weiß die finanzielle Unterstützung des Staates zu schätzen und finde es gibt enorme Sicherheit.
    Allerdings der Stellenwert und die Lobby der Kinder im allgemeinen und die Durchsetzung ihrer Interessen finde verbesserungswürdig.

    Like

  7. Die Rechte der Mütter und Frauen in Deutschland und Europa allgemein. Leider ist das nicht überall so! Natürlich gibt es auch hier noch Nachholbedarf, aber wir sind auf einem guten Weg.

    Like

Hinterlasse einen Kommentar