alleinerziehend, Familie

Wie ist das so? Alleinerziehend zwischen Einfamilienhäusern

Reihenhaussiedlung, schneebedeckt, am Abend


Wie habt ihr die Weihnachtstage verbracht? Welchen Impulsen seid ihr gefolgt? Wart ihr in geselliger Runde oder allein für euch? Gab es Streit? Habt ihr gelacht? Oder geweint? Wie ging es euren Kindern?

Eine Weihnachtsüberraschung

Ich habe dieses Weihnachten meinen direkten Nachbarinnen und Nachbarn ein kleines Präsent in den Briefkasten geworfen: Eine selbst gestaltete Karte und eine Tafel Schokolade. Weil mir als alleinerziehender Mutter immer wieder der Gedanke kommt: Es wäre schön, ein Dorf um mich zu haben. Menschen, die fragen, wie es geht und unaufdringlich da sind, wenn man sie braucht. 

So ein Dorf habe ich hier, selbst im ländlichen Raum, nicht um mich. Als wir hierher zogen, noch als Familie mit Vater, Mutter, Kindern, war die Neugier groß. Auch die Bereitschaft zu einem kleinen Plausch hier, einer Nachfrage da. Das hielt auch noch an, als mein – jetzt ehemaliger – Partner und ich schon um unsere Beziehung rangen. Als er wegen einer beruflichen Fortbildung mehrere Wochen lang von Montag bis Freitag in einer anderen Stadt und ich alleine mit unseren Kindern war, kam meine eine Nachbarin auf mich zu und sagte etwas in der Art: Es sei ja auch ganz angenehm, unter der Woche mit den Kindern sein eigenes Ding machen zu können, nicht wahr? Ihr Mann war jahrelang zur See gefahren und sie selbst mit drei kleinen Kindern viel alleine gewesen. 

Reihenhaussiedlung, schneebedeckt, am Abend


Heute kommt meine Nachbarin mit ähnlichen Aussagen nicht mehr auf mich zu. Keiner hat mich nach dem Auszug meines Ex-Partners angesprochen. Keiner fragt: Wie geht es dir? Oder gar: Brauchst du Hilfe? Kann ich dich unterstützen? Vielleicht haben sie Angst vor der Antwort. Vielleicht erinnert sie mein Schritt der Trennung daran, dass sie selbst geblieben sind. Dass sie „durchgehalten“ haben als Frauen mit wortkargen, abwesenden Männern. Jahrzehntelang. Vielleicht fragen sie sich angesichts unserer Situation, was wäre, wenn sie sich im ein oder anderen Moment anders entschieden hätten. 

Wie geht es dir? Keine immer einfache Frage

Eine sehr gesprächige, fast schon geschwätzige, Nachbarin, ein paar Straßen weiter, hat mir ungefragt lange bei jeder Begegnung ihre halbe Lebensgeschichte erzählt. Jetzt grüßt sie nur freundlich, fast ein bisschen scheu. Ihr Sohn und ihre Schwiegertochter wohnen bei ihnen mit im Haus. Lange dachte ich: Eine glückliche Mehrgenerationengemeinschaft, in der die Großeltern die junge Familie unterstützen. Von einer Freundin erfahre ich: Das junge Paar hat sich schon vor einiger Zeit getrennt. Nur kann die Frau nicht ausziehen, weil sie mit ihrem geringen Gehalt keine eigene Wohnung findet. 

Leuchtender Sonnenaufgang über Wohnhäusern


In einem der anderen Häuser wohnt eine gute Bekannte von mir. Ihr Mann hat sie direkt nach der Geburt ihres dritten Kindes verlassen, sieht die drei gemeinsamen Kinder kaum noch. Auch ihr habe ich eines meiner Päckchen vorbeigebracht. Sie hat einen neuen Freund, hat mich höflich, aber fast kühl begrüßt. Im Alltag habe ich sie oft allein zu Fuß mit ihren drei kleinen Kindern gesehen. Ich gebe zu, ich hatte selbst manchmal Angst zu fragen, wie es ihr geht.

Als wir uns einmal unterhalten haben und unsere kleinen Söhne dabei auf dem Steinmäuerchen des Nachbargrundstücks balancierten, sprach mich danach der Nachbar an: Das sei sein Grundstück, ich solle in Zukunft meine Kinder davon abhalten, es zu betreten. Auch dieser Familie habe ich eine Tafel Schokolade in den Briefkasten geworfen. Was auch immer die Geste bei ihnen bewirken wird. Ich habe den Nachbarn nach Weihnachten sogar bereits gesehen. Er hat sich nicht bedankt. Aber freundlich gegrüßt. 

Es ist grau, schwarz, weiß – und bunt

Eine andere Nachbarin hat mir gesagt, unser Sohn könne im Notfall immer bei ihr klingeln. Als er einmal früher als geplant von der Schule heim kam und mich zu Hause noch nicht antraf, tat er das tatsächlich und sie wartete mit ihm, bis ich zehn Minuten später wieder da war. Zwei andere Nachbarn hängten an Halloween ein Tütchen mit Süßigkeiten an unsere Tür. Weil meine Jungs verkleidet durch die Straßen gezogen waren, aber dort nicht geklingelt hatten. Auch dort brachte ich dieses Weihnachten eine Karte vorbei und traf auf echte Freude!

Es ist kaum etwas so, wie es auf den ersten Blick scheint, in unserer Nachbarschaft. Es ist nicht schwarz, nicht weiß. Nicht anonym. Durchaus freundlich. Manchmal herzlich – und dann bleibt jeder doch für sich. 

Wie ist das bei euch? Wie lebt – und erlebt – ihr eure Nachbarschaft? Ich freue mich, falls ihr davon erzählen mögt.

Herzlichen Gruß in dieser besonderen Zeit zwischen den Jahren!

Sarah Zöllner (mutter-und-sohn.blog)

Die Autorin ist freie Journalistin, Autorin für Familien- und Gesellschaftsthemen sowie Mutter eines Kindergarten- und eines Grundschulkindes.

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[Fotos: privat]

4 Gedanken zu „Wie ist das so? Alleinerziehend zwischen Einfamilienhäusern“

  1. Ich habe tatsächlich gerade kleine Neujahrpäckchen für unsere Nachbar*innen gepackt. Aber in der Stadt ist „das Dorf“ noch entfernter. Innerhalb unseres Hauses gibt es eine Art Hausgemeinschaft: Sich freundlich begegnen, mal ein Plausch und seit wir hier wohnen hüpft einmal im Jahr der Nikolaus durch das ganze Haus 🙂 Außerhalb des Hauses könnte ich nicht sagen, wer da wohnt und wo die nächste Familie ist.

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    1. Oh, schön! Danke, dass du ein wenig aus eurem Alltag berichtest. Ja, meine Erfahrung war auch: in der Großstadt war es noch anonymer. Hier weiß zumindest jede/r, wer die oder der direkte Nachbar/in ist. Aber letztlich bleiben die meisten doch für sich. Bis auf diese kleinen Momente, in denen sich der „Schleier“ lüftet und doch Herzlichkeit und echte Anteilnahme zu Tage tritt. Wie schön, dass du auch diese kleinen Päckchen packst!😊 Ich habe über Weihnachten auch ein paar so überraschende Präsente erhalten dürfen – und es hat mich sehr gefreut. Das macht definitiv einen Unterschied – auch wenn die Reaktion darauf nicht immer sofort kommt.

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  2. Liebe Sarah, ich erlebe das ähnlich wie du. Wir leben ländlich im Speckgürtel von Hamburg und ich fühle mich schon oft als Exotin in der Vorstadtidylle. Gerade in der ersten Zeit nach der Trennung. Ich hatte viel das Gefühl, dass die Frauen hier dieses „Elend“ nicht sehen wollen, aus Angst, dass es ansteckend sein könnte. Ob das nun so war und ist oder auch nur aus mir heraus ein Gefühl ist, weiß ich nicht. Aber definitiv merke ich, dass ich als Alleinerziehende anders behandelt werde, als als Pärchen. Ich werde nicht zu Grill-Abenden mit anderen Paaren eingeladen, und bin mir fast sicher, dass ich noch als Paar dabei gewesen wäre. Aber ich sehe das mittlerweile sportlich. Und ein paar nette Nachbarn habe ich trotzdem, die ich auch mal um Hilfe fragen könnte. Ich denke, dass viele Menschen oft mit ihrem Leben und der Erfüllung von Vorstellungen überfordert sind, zu überfordert, um auch mal nach links und rechts zu schauen. Das ist eigentlich wirklich traurig. Aber wir können nur versuchen, es selbst besser zu machen, was mir mal gut und mal auch überhaupt nicht gelingt.

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    1. Danke für deinen Kommentar und deinen Erfahrungsbericht. Und ja, ich bin auch überzeugt: Es hilft immer, den ersten Schritt zu tun, mit Offenheit, aber auch der direkten Bitte um Unterstützung. Auch wenn das nicht immer leicht ist.
      Im Beitrag hatte ich ja die Weihnachtsgrüße erwähnt, die ich meinen Nachbarn in den Briefkasten geworfen hatte. Ein paar Tage lang kam gar keine Reaktion – aber jetzt zu Neujahr standen genau diese Nachbarn unabhängig voneinander alle mit kleinen Geschenken vor der Tür. Das war schon sehr schön!😊 Ich bin überzeugt, unser Handeln erzeugt immer Resonanz – manchmal nur zeitversetzt.
      Herzlichen Gruß und weiter alles Gute euch!

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