Familie, Gesellschaft

Schule kann gelingen – mit Menschen, die ihr Herz für sie geöffnet haben (Blogparade #Schulstart)

Lachendes Kind mit großer Schultüte: Blogparade #Schulstart auf mutter-und-sohn.blog


Über Schule, Unterricht und unser Bildungssystem zu meckern ist leicht. Aber geht es auch anders? Gibt es aus diesem Ort, an dem unsere Kinder einen Großteil ihrer Lebenszeit verbringen, auch Gutes zu berichten? Ich finde, ja! Daher an dieser Stelle ein großes Kompliment an all die Menschen, die täglich Schule mit weitem Herzen gestalten und dadurch tatsächlich einen Unterschied machen.

Wir haben jetzt auch ein Schulkind zuhause!

Mein Ältester ist dieses Jahr in die Schule gekommen. Ein großer Schritt für ihn und auch für uns als Familie. Umso schöner, wie warmherzig und zugleich kompetent wir dabei begleitet wurden. Seine Klassenlehrerin, die sich sofort die Zeit für ein Gespräch genommen hat, als unser Großer nach einer Woche plötzlich von allem Neuen überfordert war und kurzzeitig gar nicht mehr in die Schule wollte. Das wunderbare Team der Nachmittagsbetreuung, das mit Warmherzigkeit und Gelassenheit die Betreuungszeiten zu einem echten Anker im Schulalltag macht. Mein Sohn freut sich immer, in den „Ganztag“ zu gehen. Dort macht er nicht nur seine Hausaufgaben, sondern kann Fußball spielen, puzzeln, mit Kreide malen und mit seinen Freunden abseits des Unterrichts zusammen sein. Ein Stück Freiheit im ansonsten durchgetakteten Vormittag. 

Ich bin, wie ich es nach dem ersten Wochen sagen kann, sehr zufrieden mit unserer Schule. Ich habe das Gefühl, die Kinder werden dort gesehen, nicht verwaltet – und wer gerade Hilfe braucht, wird aufgefangen. Das bedeutet mir für meinen Sohn viel – und gibt auch mir als Mutter die Entlastung zu wissen: Ich kann ihn den Lehrerinnen und Erzieherinnen anvertrauen und weiß, es geht ihm dort gut. Wie viel Glück wir gerade damit haben! Ich weiß, dass das längst nicht an allen Schulen selbstverständlich ist. 

Menschen, die Kinder wahrnehmen und sich für sie stark machen

Unsere Schule ist übrigens eine ganz normale städtische Grundschule mit Kindern unterschiedlichster Nationalitäten und verschiedenster Bildungshintergründe. Ob sie viel oder wenig Geld für Ausstattung und Personal zu Verfügung hat, kann ich als Mutter nicht beurteilen. Die Räumlichkeiten wirken jedenfalls gepflegt und sind liebevoll eingerichtet. Konflikte und Kinder, die ernste Schwierigkeiten haben, gibt es aber sicher auch dort. Mein Sohn berichtet von einem Jungen, der im Unterricht immer schreie. Seine Klassenlehrerin hat das zum Anlass genommen, mit den Kindern über den Umgang mit Wut und Frustration zu reden. „Ich habe erzählt, dass ich zu Hause auch manchmal schreie“, erzählt mein Sohn mittags fröhlich: „Aber dann beiße ich statt dessen ins Kissen. P. (sein bester Freund) boxt dafür seinen Kuschelbären, wenn er mal wütend ist!“

Ich finde, so geht gute Pädagogik. Anzuerkennen, dass nicht immer alles rund läuft – und auch nicht laufen muss. Und ganz nebenbei erfahren die Kinder einiges über den Umgang mit starken Gefühlen. Wirklich prägend ist aber wohl das Vorleben: sind Lehrerinnen und Lehrer sowie all die anderen Ansprechpartner/innen in der Schule offen, freundlich und geduldig? Darf das Kind im Kern bleiben, wie es ist (auch wenn es sich natürlich an zahlreiche Regeln anpassen muss)? Werden ihm Regeln erklärt, statt sie ihm einfach vorzusetzen? Werden seine Bedürfnisse respektiert? Wird es mit Wertschätzung und der Achtung seiner Bemühungen bewertet? 

Was sollten gute Lehrer/innen können?

All das ist wünschenswert, aber bei weitem nicht selbstverständlich im „System Schule“, das weiß ich aus über zehn Jahren, in denen ich selbst an einer staatlichen Schule unterrichtet habe. In der Schule „menschelt“ es, wie überall sonst. Und da kommt im Alltag eben auch von Pädagog/innenseite ans Licht, was wir als Menschen an Erfahrung und Persönlichkeit mitbringen.

Umso wichtiger finde ich, bereits bei der Auswahl von Lehrerinnen und Lehrern darauf zu achten, wer aus welchen Motiven diesen Beruf ergreifen will. Die besten Lehrkräfte müssen nicht die mit den besten Noten sein. Hier zählen andere Kriterien wie ein stabiles Selbstwertgefühl, die Fähigkeit, klar und wertschätzend zu kommunizieren, Frustrationstoleranz und das Vertrauen, auch in schwierigen Situationen Lösungen finden zu können. Leider fördert das Referendariat mit seinem Druck und den künstlich hoch gehaltenen Maßstäben doch noch immer eher Anpassung als tatsächlich die Entwicklung dieser „Lehrerpersönlichkeit“. Hier ist im System Schule auf jeden Fall noch viel Luft nach oben. 

Wer lehrt, sollte auch lernen dürfen!

Überhaupt nehme ich als Lehrerin die Strukturen, innerhalb derer sich Lehrerinnen und Lehrer bewegen, als oft wenig hilfreich wahr. Vorgaben sind gut gemeint, aber werden im Alltag aus Zeit- und Personalmangel dann doch nur oberflächlich umgesetzt. Was Lehrerinnen und Lehrer bräuchten? Zuvorderst würde ich sagen: Strukturen, die auch sie untereinander in kontinuierlichen Austausch bringen. Supervision, kollegiale Hospitation, Schüler/innen-Feedback: ein Raum der (Selbst-) Reflexion und gegenseitigen Rückmeldung, außerhalb von Konkurrenz und Bewertung. Das fehlt in Schulen bisher fast völlig. Wer als Teil seines Berufs aber ständig andere bewertet und über andere entscheidet, sollte, wie ich finde, auch die Möglichkeit haben, zu seinem eigenen Verhalten eine Rückmeldung zu erhalten. Sonst wird da viel gemauschelt, beschönigt und hinter geschlossenen Türen gewettert. Wer hingegen als Lehrerin oder Lehrer klar sagt: „Hier weiß ich nicht weiter, hast du einen Rat für mich?“ wird vielerorts noch immer schräg angesehen. 

Lehren ohne täglich selbst zu lernen, ist aber fast unmöglich. Und wer lernt, ist nie vollkommen. Gelingt es einer Schule, diesen Gedanken als „Organismus“ zu verinnerlichen, geht es meist auch den Schülerinnen und Schülern, die dort ihre Zeit verbringen, gut. Weil eben nicht verkopfte „Studienrät/innen“ oder bürokratische „Lehrkräfte“ den Unterricht und alles darum herum gestalten, sondern echte Menschen. So zu lernen und im Schulalltag miteinander leben zu dürfen, empfinde ich als Privileg. Und wünsche es unter anderem meinen Kindern für ihre weitere Schulzeit von Herzen!

Die Autorin ist Lehrerin, Autorin für Familien- und Gesellschaftsthemen und Mutter eines Kindergarten- sowie eines Grundschulkindes.

Schreibt mit: Blogparade „Schulstart!“ noch bis 31.10.22 auf mutter-und-sohn.blog

Dieser Artikel ist ein Beitrag zur Blogparade „Schulstart! Was Schule ist und was sie werden kann“ auf mutter-und-sohn.blog. Sie läuft noch bis 31.10.2022. Alle Infos, wie ihr teilnehmen könnt und die bereits eingereichten Beiträge findet ihr hier:


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