Gesellschaft, Persönliches, Politik

Ein bisschen Schummeln schadet nicht? Über den Umgang mit Werbung in Blogs

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Mein Blog wird bekannt. Vor kurzem habe ich die erste Anfrage zu einer Anzeigen-Kooperation erhalten. 

Mein erster Anzeigen-Kunde? 

Eine Dame, nach eigener Aussage „Freelancerin“ im Auftrag eines großen Online-Modeportals, meldete sich per Mail bei mir und bekundete Interesse, einen Artikel auf meinem Blog zu veröffentlichen. Darin sollte ein Link auf ihren Auftraggeber verweisen. Es bleibe mir überlassen, ob sie oder ich selbst den Artikel verfasse, mein Blog sei inhaltlich für das von ihr vertretene Unternehmen ansprechend, es bestehe Interesse an einer Zusammenarbeit.

Ich gebe zu, einen Moment lang fühlte ich mich geschmeichelt: ohne dass ich irgendeine Form von Anzeigen-Akquise betrieben hatte, schien sich ein Werbekunde für meinen Blog zu interessieren. Ich erklärte, nähere Details erfahren zu wollen. 

Diese wurden mir bereitwillig mitgeteilt. Die Dame informierte mich, 2-3 Do-Follow (also für Suchmaschinen relevante) Links, darunter einer auf die Website ihres Unternehmens, solle der Artikel enthalten und er solle nicht als Werbung gekennzeichnet sein. Ein Verweis auf die Zusammenarbeit mit ihr sei jedoch möglich. Bei Interesse solle ich gerne meine Honorarvorstellungen mitteilen. 

Schleichwerbung mit nicht als Werbung gekennzeichneten Links  

Ich brauchte eine Weile, aber dann hatte auch ich es kapiert: hier ging es ganz klar um Werbung, die nicht als Werbung gekennzeichnet sein sollte. Ich brauchte eigentlich nur meinen gesunden Menschenverstand, um zu begreifen, dass das Angebot nicht „koscher“ war. Dennoch spielte ich tatsächlich mit dem Gedanken, es anzunehmen, unter der Prämisse, den Artikel selbst zu verfassen/ die Freelancerin als von Unternehmen XY beauftragt im Artikel zu benennen/ einen Teil der potentiellen Einnahmen an eine gemeinnützige Organisation zu spenden und darauf im Artikel hinzuweisen. Haha…

War denn das zu fassen? Ich fühlte mich ernsthaft versucht, in meinem Blog bezahlte Werbung zu machen, ohne sie sauber und offiziell als solche zu kennzeichnen? Das passte ja großartig zu Artikeln, in denen ich aufrichtiges und authentisches Handeln beschreibe. Eine viertelstündige Recherche ergab zudem: diese Art der Schleichwerbung ist schlicht Betrug und kann zu Abmahnungen seitens anderer Unternehmen sowie zu Rückstufungen im Suchmaschinenranking führen. Rechtlich sauber ist sie jedenfalls nicht.

Einzig mögliche Antwort also:

„Sehr geehrte Frau XY, 

Ihnen ist sicher bekannt, dass bezahlte Do-Follow-Werbelinks, die nicht explizit als Werbung gekennzeichnet sind, gegen gesetzliche Vorgaben verstoßen.

Ich danke Ihnen für das Interesse an meinem Blog. Sollten Sie in der Zukunft Interesse an einer klar als Werbung erkennbaren Zusammenarbeit haben, bin ich durchaus interessiert an einer Kooperation.

Mit freundlichen Grüßen Sunnybee“

Genau diese Mail schickte ich dann ab. 

Und warum schreibe ich hier im Blog so offen darüber?

Weil ich Werbung per se nicht verkehrt finde. In den letzten Monaten habe ich wahrgenommen, dass einige, auch von mir geschätzte, Bloggerinnen und Blogger auf ihren Seiten Werbung platzieren. Manchmal ganz offensichtlich als Werbebanner, manchmal als Artikel, in dem ein bestimmtes Produkt vorkommt und der als „von XY gesponsert“ gekennzeichnet ist. Besonders sympathisch finde ich das nicht, ich gebe es zu. Aber Bloggen kostet Energie und Zeit (und je nach Aufwand) auch richtig Geld, um z.B. mit Interviewpartnern zu sprechen oder bestimmte Themen zu recherchieren und damit journalistischen Ansprüchen gerecht zu werden. Warum sollte man damit nicht auch Geld verdienen wollen und können?

Andererseits will ich bezahlte Werbung als Werbung erkennen. Das erwarte ich von anderen Websites, deren Inhalte ich ernst nehme, und ich handle selbst entsprechend. Daher hier auch nochmal explizit: Alle Hinweise auf Bücher, Websites oder Unternehmen, die ich bisher in meinem Blog verlinkt habe, sind nicht-kommerziell: ich erhalte für ihre Verbreitung kein Geld oder Sachwerte, sie sind rein persönliche Empfehlungen. Links setze ich, weil mich die Inhalte, zu denen sie führen, überzeugen und sie thematisch meine Artikel ergänzen. 

Sollte dies einmal anders sein, weil ich von einer Organisation oder einem Unternehmen eine Anfrage zur Zusammenarbeit erhalten habe, sollte ich also z.B. einen gesponserten Artikel schreiben, so würde ich ihn klar als Werbung kennzeichnen. Ansonsten werde ich meine Artikel weiter großzügig verlinken, ohne jede Empfehlung meinerseits als Werbung zu kennzeichnen. Dafür ist das World Wide Web schließlich gemacht, zur Unterhaltung, Vernetzung und Weitergabe von Information. Dabei ethische und juristische Grenzen zu überschreiten kann manchmal ganz schön verführerisch sein. Betrug bleibt es trotzdem und daher sage ich dazu NEIN. 

Wie seht ihr das? Bezahlte Werbung in euren Blogs: Stellt sich die Frage für euch? Und, falls ihr tatsächlich bezahlte Werbung schaltet, was ist eure Erfahrung damit? Ich freue mich sehr über eure Kommentare!

Herzlichen Gruß, Sunnybee

[Foto: Pixabay]

6 Gedanken zu „Ein bisschen Schummeln schadet nicht? Über den Umgang mit Werbung in Blogs“

  1. Ich hatte neulich eine ganz ähnliche Anfrage, allerdings im Hörbuch-Bereich.
    Da kam dann ebenfalls eine ellenlange Liste mit „Forderungen“, wie alles auszusehen hätte, auch ja nicht als Werbung markiert, vorher auf jeden Fall nochmal zusenden, damit es abgenickt werden kann und dann natürlich noch diese Woche, also innerhalb der nächsten drei Tage.
    Ich hab das auch abgelehnt, fand es aber seltsam, daß die mir diese Liste mit Dingen, die ich bitte tun soll geschickt haben, ohne mir etwas dafür anzubieten.
    Ich war nicht wirklich scharf drauf, erstmal zu fragen, was sie sich denn da finanziell vorstellen, bevor ich abgelehnt habe, aber seltsam fand ich das schon: Forderungen stellen und nichts anbieten…
    Also hab ich einen Freund gefragt, der sich in dem Bereich recht gut auskennt, der meinte, daß man da dann mit einer kleinen Beteiligung rechnen kann, wenn jemand aufgrund meines Berichts ein Abo abgeschlossen hätte.
    Also müsste man all diese Arbeit für diese Leute machen, daß man dann am Ende vielleicht fünf Euro bekommt, wenn man Glück hat, und sich dabei aus dem legalen Rahmen lehnen?!?
    Ich weiß ja nicht, ob dir da mehr geboten wurde, ich fand die ganze Aktion einfach nur dreist. 😏

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    1. Liebe Andrea,
      danke für deinen „Bericht aus der Praxis“. Und gut zu hören, dass du auch abgelehnt hast!🙂 Ich habe einige Tage, nachdem ich diesen Artikel fertig hatte, beim Surfen auf der Seite einer anderen Bloggerin einen Artikel mit genau einem solchen Verweis auf eine „Zusammenarbeit“ mit dieser Freelancerin (die namentlich erwähnt war) gefunden. Im Artikel selbst waren dann auch mehrere Links, einer davon (wie ja auch mir vorgeschlagen) zu einem kommerziellen Video-Portal. Und dieser Link war natürlich nicht als (bezahlte) Werbung gekennzeichnet, sondern wirkte wie eine Empfehlung der Autorin.
      Ich spekuliere natürlich, wenn ich vermute, dass diese Bloggerin, ebenfalls noch mit einem jungen Blog, dasselbe Angebot wie ich bekommen und eben nicht NEIN gesagt hat… (Ich habe sie übrigens angeschrieben und gefragt😉).
      Irgendwie hinterlässt mir das Ganze ein zwiespältiges Gefühl: bin ich jetzt die Dumme, weil ich auf meinen (moralischen) Anspruch bestehe oder gilt doch: „Ehrlich währt am längsten“ und in absehbarer Zeit werde ich, wenn mein Blog weiter so gut läuft, ganz reale – und legale – Anfragen bekommen?
      Übrigens gut, jemanden zu kennen, der sich mit diesen juristischen Finessen auskennt. Gäbe es eventuell die Möglichkeit, dass du den Kontakt zwischen uns herstellst?🙂
      Herzlichen Gruß und danke wieder für deinen interessanten Kommentar!
      Sunnybee

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    2. Mir ging es auch so. Ich habe dann auch bei einer anderen Bloggerin gesehen, daß sie da mitgemacht hat, hab das aber nicht weiter kommentiert.
      Ich hatte aber nie das Gefühl, daß ich jetzt die Dumme bin.
      Wie gesagt, in meinem Fall wäre es wohl ohnehin nicht so gewesen, daß ich mir viel entgehen habe lassen. 😉
      Mein Freund, der ein bißchen besser darüber Bescheid weiß, ist übrigens auch Laie auf dem Gebiet.
      Allerdings haben er und Freunde schon seit vielen Jahren einen Blog zu Adventure Games.
      Daher hat er da einfach mehr Erfahrung, wobei er sagt, daß es in der Gamer Welt wohl sogar schon verpönt ist, die Spiele geschenkt zu bekommen, um sie zu besprechen, während das bei uns Buchbloggern mit Rezensionsexemplaren recht häufig vorkommt.
      Offenbar hat jede Bloggerszene ihre eigenen Kredos was den Umgang mit Kooperationen angeht.

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    3. Danke für die Ergänzung!🙂Und vielleicht auf weiteren Austausch, auch über diese (interessante) Seite des Bloggens! Habe dir eine Mail über dein Kontaktformular geschickt. Lg, Sunnybee

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  2. Ich musste mich bisher kaum damit auseinandersetzen, da kaum jemand auf die Idee kommt eine blinde Bloggerin nach einer Kooperation zu fragen. Grundsätzlich habe ich kein Problem mit Werbung, die zum Blog passt. Und ja, wenn ich Geld dafür bekomme, dann sollte auch der Leser wissen, dass das Unternehmen XY diesen Beitrag sponsert. Was ich überhaupt nicht mag, sind Blogs, die mit Werbung überladen sind. Da fehlt das Natürliche, dass uns Blogger ausmachen sollte.

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    1. Liebe Lydia,
      auch dir danke für deinen Kommentar und deinen „Bericht aus der Praxis“!
      Ja, Werbung empfinde auch ich per se als nichts Schlechtes, sie kann ja sogar hilfreich für Leser/innen sein, wenn es sich dabei um ein Produkt handelt, das für dein Blog-Publikum wirklich interessant ist.
      Trotzdem ist es ein schmaler Grat, nicht wahr? Mitmachen und (ein bisschen) Geld verdienen oder sich die inhaltliche Unabhängigkeit komplett bewahren? Beides schließt sich natürlich bei einem (seriösen) Angebot nicht unbedingt aus.
      Ich bin gespannt, was die Zukunft noch bringt!
      (Und übrigens eigentlich absurd, dass du als blinde Bloggerin erst mal weniger Angebote zur Kooperation bekommst! Dabei hast du doch gerade ein sehr spezifisches, interessiertes und offensichtlich auch aktives Publikum. Aber vielleicht nicht so interessant für die Standard-Anfragen von Online-Shops etc., die auf diese Weise erst einmal herausgeschickt werden.)
      Herzlichen Gruß und bis bald wieder hier im Blog?
      Sunnybee

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