
Als Familie erlebt ihr eine Trennung. Oft steht am Ende zwischen euch Eltern die ernüchternde Erkenntnis: Wir können einfach nicht (mehr) miteinander reden. Irgendwo im Alltag haben wir uns verloren. Oder vielleicht gar nie wirklich gefunden. Verletzender Streit hat die Gespräche zwischen uns zu etwas gemacht, das wir eher fürchten als schätzen. Und dennoch müssen wir uns austauschen, Absprachen treffen, zueinander in Beziehung treten. Denn durch unsere Kinder bleiben wir als Eltern, ob wir es wollen oder nicht, auch nach einer Trennung verbunden. Wie Sprache nach einer Trennung Verbindung schaffen kann, statt sie weiter zu zerstören – darüber schreibe ich hier.
Sprich langsam – wähle deine Worte mit Bedacht
Im Alltag, und erst Recht in Kontakt mit Menschen, die uns nah sind (oder es einmal waren), sprechen wir ja oft ungefiltert, was uns gerade in den Sinn kommt. Umso mehr, wenn wir Sprache als Mittel verstehen, um mit dem anderen in Kontakt zu treten. Wenn unsere Gefühle beim Sprechen stark sind – und das sind sie gerade nach einer Trennung doch in den meisten Fällen – sind schnell Worte gesagt, die wir wenig später bereuen. Daher ganz einfach: sprecht langsam(er). Atmet, bevor ihr überhaupt irgendetwas sagt. Wählt eure Worte danach so, dass ihr in genau dieser Weise auch mit eurer Chefin, der Kollegin, dem netten Nachbarn nebenan sprechen könntet. Unseren (ehemals) Liebsten gegenüber wählen wir oft Worte und einen Tonfall, der geradezu grausam ist. Wir nennen es Offenheit; letztlich ist es die Bequemlichkeit, dem anderen ungefragt die Last unserer Gefühle aufzubürden. Haltet inne und fragt euch: muss das hier gerade jetzt und gerade so gesagt werden? Geht es ruhiger? Geht es liebevoller? Klarer? Wenn es gerade jetzt nicht anders geht, haltet inne. Atmet. Schweigt. Und sprecht ein wenig später mit Bedacht.
Sprich von dir, nicht über den anderen
Es ist bekannt und bleibt im Alltagsgefecht doch oft unberücksichtigt: ihr könnt nur über eine Person wirklich kompetente Aussagen machen: über euch selbst. Jeder Satz, der mit „Du bist…“ beginnt, womöglich noch ergänzt um Verstärkungen wie „immer“, „ständig“ oder „jedes Mal“, leitet euer Gespräch ruckzuck ins Feld der Schuldzuweisungen und des Rechthabenwollens – und damit weit weg von gemeinsamen Lösungen. Daher: sprecht nur von dem Menschen, der im Zweifelsfall auch auf euch hört: von euch selbst.
Höre zu – auch dir selbst
Will der andere nicht hören, was ihr sagt, verschließt er sich, ist das letztlich, vergesst das nicht, sein oder ihr Problem. Macht es nicht zu eurem. Bleibt bei euch, werdet euch klar, was ihr wollt und braucht, handelt danach, teilt es mit, begründet es vielleicht auch einmal – und dann geht euren Weg, auch im Sprechen. Nicht: „Du musst…“, sondern „Ich möchte…“ oder „Ich möchte nicht“ Wenn der andere blockiert, könnt ihr dennoch tätig werden. Eure Werte kann euch ein anderer Mensch nicht nehmen. Die Verantwortung, ihnen entsprechend zu handeln oder sie überhaupt erst zu entdecken, aber auch nicht. Hinter „Du bist Schuld“ steht oft: „Ich will nicht Schuld sein“ oder „Ich will nicht meinen Anteil sehen“. Dabei kannst du nur genau hier sofort Veränderung schaffen: bei dir selbst.
Strafe den anderen nicht mit Schweigen
Zwischen Schweigen, das aus Notwendigkeit geschieht oder sogar im Einvernehmen, weil Gefühle zu stark, oder Dinge noch nicht spruchreif sind, oder weil schlicht alles gesagt wurde – und einem Schweigen, das als Abwehr missbraucht wird, besteht ein großer Unterschied. Schweigst du, weil du tatsächlich nichts zu sagen hast, oder nutzt du dein Schweigen als Waffe? Weil der andere dann erst einmal nicht bekommt, was er will, nämlich den Austausch mit dir? Weil du dadurch vermeintlich sicherer und stärker, da unerreichbar, bist? Tue es nicht. Wage zumindest, zu dir selbst in Dialog zu treten: warum will ich dieses Gespräch gerade nicht? Warum brauche ich die Unterbrechung des Kontakts? Warum nutze ich dafür mein Schweigen? Missbrauche Schweigen nicht als Waffe – frage dich lieber, was du brauchst, um dich besser geschützt zu fühlen.
Nutze (liebevolles) Schweigen, wenn sonst nichts mehr geht
Manchmal sind es nach einer Trennung aber gar nicht die Worte, die wieder Verbindung schaffen. Und sei es allein zum Wohl eurer Kinder. Nutze Taten, um zu zeigen: ich bin noch da. Ich lasse dich als Vater, als Mutter deiner Kinder nicht im Stich, auch wenn ich mit dir als Mann oder Frau nicht mehr verbunden sein will. Halte dich an Absprachen, feilsche nicht um jede Formulierung. Lass dein Handeln sprechen, wenn dir die Worte ausgehen. Auch ohne wortreichen Kontakt kannst du für eure gemeinsamen Kinder verlässlich da sein. Ein kurzer Austausch von Information ist schriftlich möglich, zum Beispiel über ein Umgangsbuch. Verletzt ihr euch mit Worten immer weiter, habt euch womöglich im Gefecht darum, wer „Recht“ hat, verfangen, nutzt das Schweigen als kraftvolle Quelle der Regeneration. Die Stille kann euch den Raum geben, wieder zu euch zu kommen. Und von dort aus so zu handeln, wie es euren Werten entspricht. Eure Taten werden für sich – und für euch – sprechen. Ganz ohne Worte.
Was haltet ihr von diesen Impulsen? Habt ihr selbst schon Erfahrungen mit misslungener – oder gelungener – Kommunikation nach einer Trennung gemacht? Wie wählt ihr eure Worte, wenn ihr mit eurem (Ex-) Partner oder eurer (Ex-) Partnerin redet? Schreibt es gerne in die Kommentare!
Podcast-Tipp:

Im Podcast „Familie bleiben“ spreche ich mit Mediatorin Isabell Lütkehaus unter anderem darüber, was es braucht, nach einer Trennung gemeinsam Eltern zu bleiben – und was dabei in Bezug auf Kommunikation und Haltung hilft! Hört doch mal rein:
Podcast „Familie bleiben“: Alleinerziehend? im Gespräch mit Sarah Zöllner.
Herzlichen Gruß, Sarah Zöllner (mutter-und-sohn.blog)
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