Familie, Psychologie

„Up to Dad – Kinder entspannt begleiten und den eigenen Weg gehen“ (Rezension)

Buchcover „Up to Dad“ von Carsten Vonnoh


Wie finde ich eigentlich als Vater meinen ganz persönlichen Weg, für meine Kinder da zu sein? Was, wenn ich weder strenges „Familienoberhaupt“ noch bloßer „Spiel- und Freizeitpapa“ sein möchte? Wie gelingt mir eine gute und stabile Bindung zu meinen Kindern? Und wie bleibe ich mir als Mann und Vater treu zwischen Job, Familie und den unterschiedlichsten gesellschaftlichen Erwartungen? Fragen wie diese stellt Familienberater und zweifacher Vater Carsten Vonnoh in seinem 2021 erschienenen Ratgeber „Up to Dad – Kinder entspannt begleiten und den eigenen Weg gehen“. 

Kinder mit Wertschätzung und Respekt begleiten

„Achtung vor dem Menschen zeigt sich in der Achtung vor seinem Nein!“ zitiert Vonnoh im ersten Drittel seines Buches den Mathematiker und Physiker Erich Visotschnig und erklärt direkt danach, was er damit meint: „Kinder haben von Anfang an ihre eigene Würde und eigenen Respekt verdient. Nur so können wir in Zukunft verhindern, dass so viele durch die ständige Herabsetzung in der Kindheit zu Menschen werden, die sich und andere nicht wertschätzen können und die ständige Übergriffigkeit reproduzieren.“

Was das in Bezug auf das Verhalten als Vater bedeuten kann, zeigt der Autor unter anderem daran, wie Väter – ich würde ergänzen, Eltern überhaupt – ihren Kindern bestenfalls begegnen können: „Kinder müssen uns, gerade in möglicherweise schwierigen Situationen, als authentische Wesen erfahren und merken, dass ungute Gefühle und Fehler dazugehören. Eine „echte“ Eltern-Kind-Beziehung besteht genau aus dieser Möglichkeit, auch einmal mit seinen Schwächen, seiner Emotionalität „da zu sein“. Nichts vertieft eine Beziehung zu einem Kind mehr, als es spüren zu lassen, dass die Worte dem Fühlen entsprechen; dass ein Fehler anerkannt und daraus gelernt wird; dass wir als Eltern den ernsthaften Willen haben, auch seine Gefühle zu sehen und mit ihm zu wachsen, jeden Tag neu.“

Verantwortung, Präsenz und Verlässlichkeit als Vater

Dieses Plädoyer für Echtheit, Offenheit und einer unserer Rolle als Eltern angemessenen Übernahme von Verantwortung entspricht auch meiner Vorstellung eines in guter Weise präsenten Elternseins. Nicht immer „allwissend“, stark und beherrscht sein zu müssen, mag gerade Vätern den Raum öffnen, um sich mit ihren Kindern zu entspannen und die Zeit mit ihnen – auch in schwierigen Zeiten – wertschätzen und genießen zu können. Sie brauchen ihnen nicht zu zeigen, wie sie bestmöglich die Zähne zusammenbeißen. Statt dessen können Väter authentische und warmherzige Begleiter ihrer Kinder durch alle Phasen des Lebens hindurch werden.

Carsten Vonnoh hat, wie er sagt, als Vater selbst bereits Krisen erlebt, unter anderem die Trennung von der Mutter seiner Kinder. Umso reifer und überzeugender finde ich seine Aussagen bezüglich des Umgangs mit Partner/in, beziehungsweise Ex-Partner/in: „Das Allerwichtigste: Achte und respektiere den anderen Elternteil deiner Kinder, egal, ob ihr zusammen oder getrennt lebt. Ihr seid gemeinsam die Basis einer gelingenden Entwicklung. Ihr seid es, die jeden Tag die Erfahrungen und die Atmosphäre gestaltet, mit denen eure Kinder aufwachsen. […] Indem wir die Schuld über unsere Lebenssituation anderen geben, geben wir die Macht ab und werden zum Opfer! Erst wenn wir Verantwortung übernehmen für das, was gerade ist, kann sich wirklich etwas ändern!“ Eine Erkenntnis, die sicher für alle Eltern, gerade aber auch für sich trennende oder bereits getrennte Eltern wertvoll ist. 

Denkanstöße, die auch unsere Gesellschaft betreffen

Insgesamt ein Buch, das gerade nicht Rezept A-D für „gutes-Vater-Sein“ serviert, sondern vielmehr tief gehende und zum Teil durchaus gesellschaftskritische Denkanstöße gibt, wie selbstbestimmtes Vatersein möglich werden kann, im „Hamsterrad“ zwischen Familie und Beruf. „Bewusst Vater zu sein heißt deshalb auch immer, sich zu befreien: von fremden Erwartungen, von den Beschränkungen unserer Kindheit, von hinderlichen Glaubenssätzen, Abhängigkeiten und schädlichen Mustern“, so Vonnoh. 

Dass das bedeutet, der Familie in manchen Lebensphasen bewusst Priorität zu geben, zum Beispiel auch gegenüber dem Beruf, sieht der Vatercoach als logische Konsequenz an, wenn auch diese für viele Väter wohl noch immer mit Angst verbunden ist: „Wenn mir bewusst ist, dass die ersten Lebensjahre meiner Kinder die wichtigsten überhaupt sind, muss ich in der Zeit nicht die nächsten drei Karriereschritte forcieren, kann möglicherweise meine Arbeitszeit verringern und bewusster auswählen, was gut zu meiner Familiensituation passen würde.“

Ein kluges und vielschichtiges Buch – Lesenswert!

Ein insgesamt sehr kluges und vielschichtiges Buch, dem ich wünsche, dass nicht nur Väter es lesen mögen, die ohnehin bereits reflektiert und an gleichwertigen Beziehungen innerhalb ihrer Familie interessiert sind. Vielleicht braucht es dazu in manchen Fällen auch genau den Leidensdruck aus beruflicher und privater Überforderung, den eine auf Selbstoptimierung und Gewinnmaximierung ausgerichtete Gesellschaft immer wieder hervorruft. Insofern gilt für dieses Buch nicht nur: es ist „up to dad“ (sinngemäß: „Papas Sache“), sondern auch „up to date“, also aktuell und relevant, was sich als Wortspiel wunderbar vom Titel ableiten lässt. Lesenswert!

Sarah Zöllner (mutter-und-sohn.blog)

Die Autorin ist Lehrerin, Autorin für Familien- und Gesellschaftsthemen und Mutter eines Kindergarten- sowie eines Grundschulkindes.

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[Foto: privat, ich danke dem Verlag für das zu Verfügung gestellte Rezensionsexemplar. Der Beitrag gibt dennoch ausschließlich meine persönliche Meinung wieder.]

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