
Im Juni 2020, mitten während der Corona-Pandemie, feierte in der Kölner Südstadt das Zentrum für alleinerziehende Eltern (ZentralE), seine Eröffnung. Ein Ort der Begegnung und Unterstützung. „Wir bieten neben Freizeitaktivitäten umfassende Beratungsangebote für Alleinerziehende. Egal ob es um Fragen zur Arbeitssuche, zu Unterhalt oder zum Sorgerecht geht – wir sind für viele die erste Anlaufstelle und stellen zugleich den Kontakt zu weiterführenden Hilfsangeboten her“, so Tanja Vogt, Diplom-Pädagogin und Leiterin der Einrichtung. In unserem Gespräch erklärt sie mir, warum das Projekt für sie inzwischen zur echten „Herzenssache“ geworden ist.
Beratung und Unterstützung für Alleinerziehende
„Alleinerziehend zu sein ist für manche noch immer ein Tabu“, so Vogt: Gerade Menschen aus anderen Kulturkreisen würden von sich aus oft gar nicht den Weg in eine Einrichtung wie die ZentralE finden. Daher suchten ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter diese auch vor Ort auf, z.B. direkt in Flüchtlingsunterkünften in den Randbezirken von Köln. „Unser Angebot beschränkt sich nicht auf die Kölner Südstadt. Wir wollen für Alleinerziehende in ganz Köln da sein und das unabhängig von Alter, Herkunft oder sozialer Stellung.“
Caritasverband und InVia, der katholische Verband für Mädchen- und Frauensozialarbeit in Köln, sind Träger der Einrichtung. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales sowie der Europäische Sozialfonds fördern das Projekt zudem als Angebot für Alleinerziehende, die z.B. ALG II beziehen. Es soll diese bei der Rückkehr in den ersten Arbeitsmarkt unterstützen. „Gerade jetzt, während der Corona-Pandemie, kommen vermehrt Ratsuchende aus der Kultur- und Veranstaltungsbranche zu uns, die aufgrund wegfallenden Einkommens ALG II beziehen müssen“, so Vogt. Für Alleinerziehende, die oft nur ein Einkommen für den Unterhalt ihrer Familie zu Verfügung haben, wird das schnell existenzbedrohend. „Wir sind mit unserem Team breit aufgestellt“, so die Leiterin der Einrichtung. Zu ihren momentan 13 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gehören Sozialpädagoginnen und -pädagogen ebenso wie eine Psychologin und eine Kommunikations- und Sprachtrainerin. Über die Vermittlung in den Arbeitsmarkt hinaus kann das Team Alleinerziehende also umfassend beraten.
Freizeitangebote und Café

Viele kommen zunächst aber gar nicht wegen der Beratung in die Räume der ZentralE. „Als wir im Juli geöffnet haben, kamen immer wieder Leute aus dem Viertel vorbei und fragten, was wir da eigentlich machten“, erinnert sich Vogt. „Manche hielten uns für ein Start-Up, für ein Café oder wegen der Stellenanzeigen im Schaufenster für eine Jobbörse.“ Tatsächlich organisiert die ZentralE auch Freizeitaktivitäten und kreative Angebote für Alleinerziehende. So fand bis zum erneuten Lockdown im November nicht nur regelmäßig montags ein gemeinsames Frühstück statt – auch Wanderungen ins Kölner Umland oder der sogenannte „Tipp-Talk“ für Fragen rund ums (frisch) Alleinerziehendsein sind interessante Angebote für alle, die nach einer Trennung Kontakt zu Menschen in ihrer Lebenssituation suchen. Für Notfälle bietet die ZentralE sogar eine Kinderbetreuung an. „Ein wichtiges Angebot für unsere Besucherinnen mit kleinen Kindern“, so Vogt. Dadurch könnten sich die alleinerziehenden Frauen, die zu ihnen kämen, oft überhaupt erst auf die Stellensuche konzentrieren oder eine benötigte Fortbildung absolvieren.
Gerade bremst der erneute Lockdown zwar einige der Angebote vor Ort aus. Beratung findet allerdings weiter statt, aktuell vermehrt auch telefonisch und als Videoberatung. Geplant sind zudem für die nächsten Monate gleich mehrere Veranstaltungen. So wird eine Kunsttherapeutin einen Workshop für Acrylmalerei anbieten, bei dem Alleinerziehende Themen aus ihrem Alltag kreativ interpretieren können. Nach Abschluss des Workshops ist eine Ausstellung mit den Bildern der Teilnehmerinnen und Teilnehmer geplant. Auch ein Upcycling-Workshop und eine Fotoausstellung mit Bildern von Alleinerziehenden soll demnächst in den Räumen der ZentralE stattfinden. „Unser Projekt lebt von der Partizipation“, so Vogt. Die Besucherinnen und Besucher sind herzlich eingeladen, das Angebot der Einrichtung aktiv mitzugestalten.
Die ZentralE langfristig als Angebot in Köln etablieren
„Langfristig wollen wir uns als feste Institution in Köln etablieren“, betont Tanja Vogt: „Wir sehen uns als Vermittler zwischen verschiedensten Hilfsangeboten und zugleich als eigenständiges Projekt.“ Vielen Alleinerziehenden sei gar nicht bewusst, wie viele Angebote es für Frauen und Männer in ihrer Situation im Raum Köln bereits gebe. „Hier stellen wir den Kontakt her und sind zugleich erste Anlaufstelle“, so Vogt.
Während ich mich mit der Leiterin der ZentralE unterhalte, merke ich, dass Tanja Vogt nicht nur eine virtuose Netzwerkerin ist, die das Projekt gemeinsam mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus echter Überzeugung führt. Selbst alleinerziehend, weiß sie zudem ganz genau, welche Hürden und Möglichkeiten das Leben allein mit Kind mit sich bringt. „Ich habe selten so etwas Sinnvolles gemacht“, so ihr Fazit. Wie sie die Arbeit der ZentralE beschreibt, kann ich gut nachvollziehen, was sie meint.
Mehr erfahren?
Informationen zu aktuellen Veranstaltungen findet ihr auf der Facebook-Seite der ZentralE.
Öffnungszeiten
Montags von 8.30-17.00 Uhr, dienstags bis freitags von 10.00-19.00 Uhr geöffnet.
Anschrift
Severinstraße 39, 50678 Köln, direkt gegenüber der Severinskirche.
Tel. 0221-16833337
E-Mail: info@zentrale-suedstadt.de
Herzlichen Gruß, Sarah Zöllner (mutter-und-sohn.blog)
Die Autorin ist Lehrerin, Autorin für Familien- und Gesellschaftsthemen und Mutter eines Kindergarten- sowie eines Grundschulkindes.