Gesellschaft, Kunst, Persönliches

Otto war nicht begeistert

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Die Hauptcharaktere in Kinderbüchern sind ja oft so, wie wir Erwachsenen unsere Kinder gerne hätten: unternehmungslustig, ein bisschen frech, aber doch auf ihre Mitmenschen bedacht; mutige kleine Helden, die das Leben entdecken wollen und deren Klarsicht und Klugheit die großen Leserinnen und Leser oft mehr beeindruckt als die kleinen.

Otto ist anders.

Er wird von seinen Eltern in eine Ferienfreizeit am Meer geschickt, um seinen hartnäckigen Schnupfen auszukurieren; davon ist er schlicht – im Großen wie im Kleinen – „nicht begeistert“. Otto spielt nicht gern mit anderen Kindern, er schwimmt nicht gern und wenn er im Sand buddeln soll klingt sein Urteil geradezu vernichtend: 

„Nach dem Frühstück mussten sie Burgen bauen. Der Sand war hellbraun und klebrig und roch eklig. Otto war nicht begeistert.“

Otto isst nicht, was alle essen, er bewegt sich nicht besonders gern und kuschelt nicht gern – jedenfalls nicht mit (fast) Fremden: 

„Die Leiterin des Ferienlagers hieß Frau Felgenkranz. Sie war ziemlich dick, fand Kinder niedlich und spielte mit ihnen Wer-kommt-in-meine-Arme. Den meisten Kindern machte das Spaß. Otto war nicht begeistert.“

Erst als er in eine Scherbe tritt, die ein anderes Kind in den Sand geworfen hat und sich mit verbundenem Fuß „schonen“ darf, findet er das „nicht schlecht“ und als er kurz darauf Torschützenkönig wird und ihn alle bejubeln, ist er gar für einen Moment begeistert. 

Aber dann geht es auch schon zurück in die Stadt: 

„Plötzlich war der Sommer vorbei. Otto musste nach Hause. Er hatte jede Menge Freunde gefunden. Und der Schnupfen war weg. Mama meinte, er müsste dringend zum Frisör. Otto war nicht begeistert.“

Mies gelaunt und liebenswert

Damit hat der kleine Grantler zu seiner Grundstimmung zurückgefunden – ein Wunder eigentlich, dass er einem als Leserin in seinem Missmut so sympathisch wird. Der lakonische Text, verbunden mit wunderbar überspitzt gezeichneten Illustrationen von Jacky Gleich, hat schon meinen Sohn (knapp 3) zum Lachen gebracht. Und irgendwie ist es sehr erfrischend – und fast ein wenig erleichternd -, in einem Kinderbuch von einem zu lesen, der weder stark ist noch voller Selbstvertrauen – aber in seiner etwas zögerlichen, etwas reservierten und nörgeligen Art rundum liebenswert! 🙂

Jutta Richter und Jacky Gleich: Otto war nicht begeistert. Carl Hanser Verlag. (Ab 3)

2 Gedanken zu „Otto war nicht begeistert“

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