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„Gut gemacht!“ Eigenlob stinkt (nicht)!

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Was bist du groß geworden!“, „Ei, ein Kacka!“, „Du schläfst ja schon durch!“: Unsere Kinder loben wir großzügig und – je jünger sie sind – mit umso größerem Enthusiasmus. Im Baby- und Kleinkindalter oft sogar für Dinge, die weniger persönliche Leistung als vielmehr biologische Notwendigkeit sind.

Eigenlob stinkt?

Bei uns selbst sind wir da schon knausriger: Wann haben wir Erwachsenen – und speziell wir allein- und getrennt erziehenden Mütter – uns das letzte Mal gelobt? Und ich meine nicht ein geseufztes: „Ist ja gerade nochmal gut gegangen!“ oder ein halbherziges „So schlecht war der Tag heute ja gar nicht“… Ich meine die Art Lob, die das Herz weit macht, ein Lächeln ins Gesicht zaubert und bewirkt, dass du dich leicht, dankbar und schlicht glücklich fühlst. So was in der letzten Zeit erhalten? Von dir selbst?

Autonomie und Selbstliebe

Eine kluge Frau brachte mich kürzlich darauf, dass diese Art des Lobens viel mit (innerer) Autonomie zu tun hat: Nur wenn ich „wer bin“, kann ich auch stolz auf mich sein. Kinder loben wir instinktiv für ihre Schritte in Richtung Autonomie: zunehmende Körperbeherrschung, das erste selbst gesprochene – und später selbst geschriebene – Wort, ihr wachsendes Selbst-Bewusstsein und später das aufkommende Bewusstsein für die Gefühle und Bedürfnisse ihrer Umwelt.

Als Erwachsene schreiben wir uns gemeinhin einen nicht geringen Grad an Autonomie zu: uns sagt (meist) keiner mehr, was wir anzuziehen, zu essen, wie wir zu leben oder wen wir als Partner/in zu wählen haben. Begeben wir uns in Abhängigkeit, dann doch scheinbar „aus freien Stücken“. Wir wählen Wohnort, Lebensstil, Partner/in, den Glauben oder die Ideologie, der wir folgen, selbständig und (relativ) frei.

Dennoch verstehe ich echte Autonomie vor allem als innere Unabhängigkeit – und die entsteht meiner Meinung nach dadurch, dass ich (zunehmend) annehme, was eben ist – an und in mir genauso wie an und in den Menschen, mit denen ich lebe. Je mehr ich das tue, umso mehr Raum gewinne ich: für Leichtigkeit, für ein tragendes Gefühl von Selbstliebe und eben diesen tief gehenden, von Dankbarkeit durchzogenen Stolz auf das, was ich kann, wer ich bin und was ich für mich – und andere – tue.

Eben ein von Herzen kommendes: „Gut gemacht!“ Von mir, für mich selbst. Ein solches „Gut gemacht!“ wünsche ich auch dir – von dir und für dich selbst!

Herzlich, Sunnybee

6 Gedanken zu „„Gut gemacht!“ Eigenlob stinkt (nicht)!“

  1. Liebe Sunnybee,

    sich selbst in jeder Hinsicht anzunehmen und sogar stolz auf sich zu sein ist sicherlich etwas, was den meisten Alleinerziehenden (AE) schwer fällt, geschwächt nach Scheitern, Zusammenbruch, Verlust, Versagen und was man sich nach der Trennung sonst noch alles vorwirft und vorwerfen lassen muss. Wir definieren uns heute viel zu sehr über allgemein anerkannt positive Eigenschaften und viel zu wenig über Lebenserfahrung, die auch all das umfasst, was als negativ empfunden wird, aber in Wirklichkeit eine Bereicherung ist. Dadurch aber bewerten wir und können Lebensentwürfe und -läufe, die nicht unseren Maßstäben entsprechen, nicht stehen lassen. Aber gerade dieser angebliche Mangel macht die Lebenserfahrung von AE so wertvoll und zu etwas, auf das wir wirklich stolz sein können und das wir uns auch bewusst machen dürfen (neben all dem, was sonst noch gut läuft, aber aus dem Blick geraten ist).

    Wenn ich mir ansehe, was in meinem (kirchlichen) Umfeld vor ein paar Jahrhunderten möglich war, dann spricht das Bände und disqualifiziert die derzeit verbreitete Haltung: könnte heute jemand in der Kirche es zu etwas bringen, der als Jugendlicher Mitglied einer kriminellen Straßenbande war? Der eine Geliebte und ein (uneheliches) Kind hat, diese wegen der Liebe zu einer Minderjährigen verlässt und der zudem einer Sekte angehört? So jedenfalls fing die Vita des Hl. Augustinus an, der heute als einer der wichtigsten Theologen in der gesamten Kirchengeschichte angesehen wird. Schwäche kann Stärke sein (so der Hl. Paulus, der zuerst sowas wie ein IS-Kämpfer war), wenn ich sie als gewollt annehme und ihr Raum gebe.

    Du hast völlig Recht! Als AE kann ich tatsächlich stolz auf mich sein, denn ich nehme meine Verantwortung wahr, mir selbst und meinem Kind gegenüber und auch dem ehemaligen Partner, wenn ich ein kooperatives und friedliches Miteinander anstrebe. Ich mache es mir nicht leicht, sondern stelle mich und habe in einer Extremsituation des Lebens die enorme Kraft aufgebracht, mein Leben und das anderer wieder in einen geregelten Ablauf zu bringen, oft in einem Jahre dauernden Prozess. Wenn ich dadurch meine Schwächen – und sicher auch Fehler – als Teil von mir erkannt und akzeptiert habe, dann kenne ich auch meine Grenzen und bin zukünftig viel klarer und sicherer. Und ganz unverzichtbar sind dabei auch die Selbstliebe und Selbstfürsorge, denn wenn ich selber keine Kraft habe, kann ich auch nicht für andere da sein.

    Allerdings sind wir Menschen ja soziale Wesen. Ich jedenfalls kann mich nicht frei machen von dem Wunsch nach Wertschätzung durch andere, ebenso wie andere sich Wertschätzung von mir wünschen. Nur auf sich selbst gestellt zu sein, ohne jeden Kontakt, verunsichert und kratzt meiner Erfahrung nach an der Selbstwertschätzung. Jeder Mensch sucht letztlich Zuwendung, Geborgenheit, Nähe … und die kann man sich eben nicht selbst geben, so wie auch das kleine Kind vom Lob der Eltern abhängt. Für mich ist es die ausgewogene Kombination von beidem, die uns die von dir genannte Autonomie gibt, aber das steht ja nicht im Gegensatz zu deinen Ansichten. Ganz besonders wichtig ist mir dabei jedenfalls das urteilsfreie (!) Annehmen von allem was ist: positiv oder negativ konnotiert, in mir und in anderen.

    Danke dir für den schönen Artikel und herzliche Grüße aus der Sonne Italiens

    Hanno

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    1. Lieber Hanno, ich bin beeindruckt von deinem langen, klugen Kommentar und danke dir dafür! Ja, du hast Recht, die Stärke zu innerer Unabhängigkeit, gerade auch vom Urteil anderer, entsteht auch bei uns Erwachsenen durch das wunderbare Erlebnis, von anderen so angenommen und geschätzt zu werden wie man eben ist, mit allen (vermeintlich) positiven und negativen Anteilen. Und um das erfahren zu können ist natürlich Öffnung und Verbindung und nicht Autonomie im Sinne von „Ich brauch keine/n“ der Weg. Aber da sind wir uns wohl tatsächlich einig!😀 Herzlichen Gruß zurück! Sunnybee

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  2. Solange Du dabei nicht „aus der Kurve“ fliegst finde ich es prima. Meines Erachtens sollte sich an Deinem Beitrag jeder, der sonst mit geneigtem Haupt durch dir Welt läuft, ein Vorbild nehmen. Es ist gut genug. Innehalten und vor sich selbst das Werk loben. Danke.

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  3. Du triffst es mal wieder gut: Annehmen was ist. So entsteht Raum für Leichtigkeit und Selbstliebe.
    Wir sollten uns alle viel öfter selber loben oder zumindest mit Dankbarkeit schauen auf das, was gut läuft in unserem „Leben in der Extremsituation“, wie Hanno es oben so treffend beschrieben hat.
    Daran muss ich mich selbst gerade mal wieder erinnern. So vieles ist gut, auch wenn nicht alles einfach ist.
    Grüße von Christina

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    1. Liebe Christina, danke für deinen Kommentar und ganz herzlichen Gruß zurück!:-) Freue mich immer über deine Anmerkungen! Lg, Sunnybee

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