Gesellschaft, Persönliches

Zivilcourage – Wenn du als Einzige aufstehst und etwas sagst

Flusslandschaft im Winter mit Sonnenstrahl


Triggerwarnung: Gewalt gegen Frauen und Kinder

Im Rahmen meiner Arbeit als Journalistin und Autorin fahre ich häufig mit der Bahn. Und erlebe dabei nicht selten schöne, manchmal aber auch erschreckende Momente. Zwei davon möchte ich hier mit euch teilen. 

Vater, Mutter, Kind…

Beide Situationen ereigneten sich in der Regionalbahn. In der ersten: Eine Familie, ein Mann, eine Frau, zwei Kinder. Das jüngere Kind, wie die Aussagen des Mannes deutlich machen, ihr gemeinsamer Sohn, das Mädchen, etwa sechs Jahre alt, offenbar ihre Tochter aus einer früheren Beziehung. Er lässt kein gutes Haar an ihr, beleidigt erst sie, dann die Frau: „Du Miststück, du Schlampe, halt’s Maul!“ Ein obszönes Schimpfwort nach dem anderen prasselt auf Mutter und Tochter nieder. Die daneben sitzenden Fahrgäste sind sichtlich unangenehm berührt, aber keiner schaltet sich ein. Ich sitze direkt neben der Mutter. Schließlich halte ich es nicht mehr aus. „Sie müssen sich das nicht gefallen lassen!“, sagte ich laut und deutlich zu der eingeschüchtert wirkenden Frau. „Sie können Hilfe bekommen. Es gibt Beratungsstellen, die ihnen helfen.“ Der Mann fährt hoch, fragt mich harsch: „Was wollen Sie damit sagen? Sie haben wohl etwas gegen mich?“

Ich erwidere ruhig: „Ich habe nichts gegen Sie, nur dagegen, wie Sie mit Ihrer Frau sprechen. Und ich habe ihr gesagt, dass sie sich das nicht gefallen lassen muss.“

Keine weitere Antwort. Aber auch keine weiteren Beleidigungen für den Rest der Fahrt. Eine Frau auf dem Sitz gegenüber lächelt mir breit zu.

Papa vor der Tür

Die zweite Situation: Ein Vater, zwei Kinder, etwa fünf und acht Jahre alt. Sie sind bereits im Zug, der Vater steht rauchend vor der Tür auf dem Bahnsteig. Besonders der kleine Junge hat sichtlich Angst, als die Tür sich immer wieder schließt. Schrill ruft: „Nein, Papa, nein, komm rein! Die Tür geht zu, komm rein!“ Der Vater reagiert gar nicht darauf, beziehungsweise lacht sogar. 

Ich gehe dazu, stelle mich in die Tür, so dass diese offen bleibt. „Schaut mal, ich halte euch die Tür offen. Dann kann euer Papa rauchen und die Tür geht nicht zu“, wende ich mich direkt an die zwei. Sie sehen sichtlich erleichtert aus. Dem Vater ist die Situation unangenehm: „Alles gut“, versucht er zu beschwichtigen. „Nun, ich hatte den Eindruck, Ihre Kinder hatten Angst“, sage ich: „Darum stehe ich hier.“ „Es ist gut, dass ihr etwas gesagt habt!“, wende ich mich noch an die Kinder. 

Wenig später hat er zu Ende geraucht, sucht sich mit seinen Kindern einen Platz. Auch diese Situation hat nur wenige Minuten gedauert. 

Wie hättet ihr reagiert?

Wärt ihr laut geworden? Habt ihr schon einmal eine ähnliche Situation erlebt und was habt ihr getan?

Die Autorin ist freie Journalistin, Autorin für Familien- und Gesellschaftsthemen sowie Mutter eines Kindergarten- und eines Grundschulkindes.

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[Foto: privat]

2 Gedanken zu „Zivilcourage – Wenn du als Einzige aufstehst und etwas sagst“

  1. Ich finde, du hast toll reagiert! Leider fehlt es vielen Menschen an Zivilcourage. Aber wenn sie dann weg von der Situation sind, reißen sie groß den Mund auf und wissen, was zu tun wäre!

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    1. Danke für deinen Kommentar. Vielleicht ermutigt mein Beitrag ja den einen oder die andere zu eigener Zivilcourage im Alltag! In einer schwierigen Situation den Mund aufzumachen, ist gar nicht so einfach. Umso schöner, wenn einem auffällt, dass jemand es tut. Ich finde es auch eine gute Idee, die Person, die Zivilcourage zeigt, anzusprechen oder ihr zuzulächeln und zu signalisieren, dass man das Verhalten toll fand. So stärken sich diejenigen, die Zivilcourage zeigen, gegenseitig.

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