
Ihr haltet noch Ausschau nach einer Lektüre für den Sommerurlaub? Wie wäre es mit einem dieser Lesetipps? Vier Bücher von Alleinerziehenden – über das Leben allein mit Kind: mutmachend, mit Tiefgang und dennoch auch „häppchenweise“, zwischen Strandburgenbauen und Freibadeis, zu lesen!
Lesetipp 1 – Monique Wemhoff: Mir zuliebe. Von der Reise zu mir selbst

Frisch getrennt, steht Monique Wemhoff vor allen typischen Herausforderungen des Alleinerziehendseins: Sie muss für sich und ihren Sohn eine eigene Wohnung finden, ihren Alltag neu organisieren, die Kommunikation mit ihrem Ex-Partner bewältigen. Wie ihr das gelingt, beschreibt sie in ihrer berührenden autobiographischen Erzählung „Mir zuliebe. Von der Reise zu mir selbst“. Nach und nach gelingt es ihr, auch mithilfe ihrer Intuition, immer ehrlicher zu sich selbst zu sein und ihren eigenen Weg zu gehen – auch gegen Widerstände. Ein ermutigendes und stellenweise auch poetisches Buch. Perfekt für ein „Date“ mit dir selbst!
Leseprobe:
Ich bin in meiner Kindheit sehr angepasst erzogen worden, ganz nach dem Motto: „Schön lieb und brav sein. Nicht auffallen, Dann machst du alles richtig!“ Ich wurde nicht dazu ermutigt, mich mit dem, was mich im Kern ausmacht, zu entdecken, stolz darauf zu sein und dies nach außen zu tragen. Auffallen war ein absolutes No-Go. […] Dieses ständige Angepasstsein hat dazu geführt, dass ich mich auf eine gewisse Art „versteckt“ habe. Schließlich hatte ich gelernt, dass niemandem wirklich interessierte, wer ich war. Ich sollte Teil der Masse sein. […]
Ich möchte dich ermutigen, dein Versteckspiel aufzugeben und dich dem Feld der Ungewissheit zu stellen. Sieh es als eine Art Spiel und gehe es mit Neugierde an. Deine Intuition und auch dein Herz werden dich dabei unterstützen. Für sich und seine Werte einzustehen, diese wirklich ohne Kompromisse zu leben, empfinde ich als pure Selbstfürsorge. (S.50)
‼️ Weitere Bände der Reihe „Allein mit Kind“

Das Buch ist Teil der Buchreihe „Allein mit Kind“, ein wunderbares Projekt der – ebenfalls alleinerziehenden – Bloggerin und Autorin Silke Wildner und Trennungscoach Christina Rinkl. Im Rahmen der Reihe sind bereits sieben Bände autobiographischer Erzählungen alleinerziehender Frauen erschienen. Hier erfahrt ihr mehr über die Reihe und wie ihr darüber sogar euer eigenes Buch veröffentlichen könnt: Buchreihe „Allein mit Kind“.
Lesetipp 2 – Herausforderung alleinerziehend: Biographisches und kreatives Schreiben (Hrsg. Ein Eltern Familien Netzwerk Berlin)

Schreibend sich selbst begegnen und die Stimme erheben als Alleinerziehende – das war das Ziel eines biographischen Schreibworkshops der Anlaufstelle für Alleinerziehende Treptow-Köpenick. Die beeindruckenden Ergebnisse finden sich in diesem Sammelband. „Die Autorinnen lassen uns an ihrem persönlichen Werdegang und ihrer aktuellen Lebensrealität teilhaben und zeigen auf, welche Bedingungen erforderlich sind, damit Alleinerziehende und ihre Kinder ein gutes, erfülltes Leben führen können“, so die Initiatorinnen des Projekts in ihrem Grußwort. Der Band kann bei Interesse direkt über die Landeskoordination der Anlaufstellen (www.alleinerziehend-berlin.de) bestellt werden.
Leseprobe:
Das Chaos herrscht, der Wahnsinn tobt und wo bin ich? Es ist ein ständiger Wettlauf mit der Zeit. Die Anforderungen steigen stetig, und jeder amtliche Brief, dessen Anzahl an Seiten denen eines Romans gleicht und dessen unverständlicher Inhalt dem Wahnsinn gleichzusetzen ist, scheint lebensnotwendig zu sein. Damit noch lange nicht genug, denn jeder Termin scheint so wichtig zu sein, als würde eine OP am offenen Herzen anstehen. Und gefühlt möchte jeder etwas von mir, um mir im Nachhinein aufzuzeigen, was ich doch alles wieder nicht geschafft habe.
Nur, wer oder wo bin ich, und was hat das mit dem wahren Leben zu tun? […] Bin ich überhaupt noch ein Mensch oder schon ein Roboter? Ja, es gibt mich. Es gibt mich mit einem liebenden Herz, es gibt diese unzähligen Goldfunken tief in mir. Es gibt kleine innere Lichter, die immer wieder aufflackern und versuchen, die Dunkelheit zu vertreiben. (S. 34)
Lesetipp 3 – Sarah Zöllner: Alleinerziehend – und nun? Texte der Stärkung bei Trennung und Verlust

Ein Geheimtipp für alle, die seit Jahren den Beiträgen auf mutter-und-sohn.blog folgen – oder den Blog gerade frisch entdeckt haben. Dieses Buch versammelt die besten Texte der Jahre 2018-2020 und leitet dich psychologisch klug, mit praktischen Tipps und stellenweise auch philosophischen Ansätzen, durch die Phasen der Trauer, Neuorientierung und schließlich Bewältigung von Trennung und Verlust. Eine, auch sehr persönliche, Sammlung inspirierender Texte, die dich in deiner Entwicklung stärken und begleiten. Psst… nicht zuletzt ist dies die Erstveröffentlichung der mittlerweile bekannten Journalistin und Autorin Sarah Zöllner.
Leseprobe:
Mut ist für mich, nicht „jedermanns Liebling“ sein zu wollen. Natürlich schließt dieser Mut Liebenswürdigkeit und Aufmerksamkeit anderen gegenüber nicht aus. In einem kühlen oder abwertenden Umfeld kann ein solches Handeln sogar sehr mutig sein. Andererseits ist meiner Meinung nach Mut auch immer mit einer Portion Eigensinn verbunden: ich gehe innerlich und äußerlich nicht die „ausgetretenen“ Wege, sondern wage hinzusehen und dort hinzugehen, wo „Neuland“ für mich ist. […]
Insofern hat äußerer Mut für mich viel mit einem stabilen Gefühl des Selbstwerts zu tun: glaube ich an den Wert meiner Empfindungen, Wahrnehmungen und letztlich an meinen eigenen Weg, kann ich diesen auch nach außen klar vertreten. Mut ist für mich also, mir selbst zu vertrauen, in meinem So-Sein sichtbar zu werden und meinen Weg zu gehen, auch wenn er anderen nicht gefällt. Oft genug darf ich dabei erleben, dass sich gerade durch meinen Mut Türen öffnen und sich neue Chancen ergeben, manchmal in einer Form, in der ich sie nie erwartet habe. (S. 69)
Lesetipp 4 – Carolin Keller: „Die Welt ist mein Wohnzimmer“

A propos Mut: „Die Welt ist mein Wohnzimmer“ beschreibt die vierjährige Reise der allein-begleitenden selbstständigen Künstlerin und Pädagogin Carolin Keller, die mit ihrem Sohn, als er sechs ist, in einem ausgebauten Camperbus Europa zu bereisen beginnt. Genau dann, als für andere Kinder und ihre Familien mit der Grundschule der „Ernst des Lebens“ beginnt. „Ein sehr spezieller Weg, der dennoch für immer mehr junge Eltern spannend und inspirierend sein kann“, so die Autorin über ihr gemeinsames Leben als Freilerner und Freigeister jenseits der üblichen Konventionen. Vor allem Carolins innere Reise bis zu ihrem Aufbruch berührt mich. Ein Buch, das zeigt, wie ein aufrichtiges Leben voller Freude auch unter schwierigen Bedingungen möglich ist. Und dass echtes Lernen geschieht, wenn du dem Leben selbst begegnest. Inspirierend!

Leseprobe:
Dass man Kindern Grenzen setzen muss, ist eine Phrase, die man immer wieder um die Ohren geklatscht bekommt. […] Macht es Sinn, anderen Grenzen zu setzen? Für mich ist es wesentlich einleuchtender, dass ich meine Grenzen mir selbst klarmache und für ihre Einhaltung sorgen sollte. Und dass ich meinem Kind helfe, seine eigenen Grenzen kennenzulernen und zu wahren, und zu lernen, mit den Grenzen anderer achtsam umzugehen. So kann es lernen, wie es mit dafür sorgen kann, dass sich im Miteinander alle wohlfühlen können. […]
Die Stimmen der Menschen, die der Meinung waren, ich bin nicht hart genug im Grenzen setzen, nicht autoritär genug, nicht konsequent genug, (und natürlich auch derer, die meinen, ohne Schule kann aus dem Kind nichts werden), verblassen. Nein, so falsch kann es nicht gewesen sein. Ich atme erleichtert auf. Dieser junge Mensch ist durchaus sozial kompetent. Ich habe wohl doch keinen kleinen Tyrannen herangezogen. Und das trotz unserer beider Herausforderungen und ohne den eigentlich für unsere Art vorgesehenen Clan. Ohne den Clan, der unterstützt, der Halt und Geborgenheit bietet und Gelegenheit für Mütter (oder für Eltern), auch für sich selbst zu sorgen, und der das uralte Wissen und die Weisheit birgt, wie Kinder in der Gemeinschaft wachsen. Ist das nicht ein kleines Wunder? Und auf jeden Fall wundervoll! (S. 40-42)
Und, ist für euch etwas dabei? Falls ja, schreibt mir gern in die Kommentare, wie ihr die Bücher fandet – oder gebt auch gern eure eigene Buchempfehlung!
Herzlich schöne Sommerwochen!
Sarah (mutter-und-sohn.blog)
Die Autorin ist freie Journalistin, Autorin für Familien- und Gesellschaftsthemen sowie Mutter eines Kindergarten- und eines Grundschulkindes.
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[Fotos: privat. Ich danke den Autorinnen und Herausgeberinnen für die Rezensionsexemplare.]
