Familie, Psychologie

Kinder und Konsum: Brauchen wir Dinge, um uns an Schönes zu erinnern?

Kamel im Zoo


Ein Erlebnis der letzten Wochen hat mich nachdenklich gemacht. Ich war mit meinen beiden Jungs im Zoo. Ein schöner, wenn auch nicht ganz günstiger Ausflug. Kurz, bevor wir nach Hause wollten, drängte mein älterer Sohn plötzlich darauf, dass ich ihm im Zoo-Shop ein Kuscheltier kaufte. Als Erinnerung an den Tag. Der jüngere stimmte sofort mit ein. Also nochmals rund 40€ für zwei – teuer verkaufte – Plüschtiere? Wie hättest du entschieden?

Brauchen wir Dinge, um uns an Erlebtes zu erinnern?

Zwei Positionen:

  1. Nein, das Erlebte selbst reicht: So sind mir selbst viele Erlebnisse aus meiner Kindheit sehr präsent, ganz ohne dass ich sie auf Bildern verewigt oder über Souvenirs in meinem Gedächtnis verankert habe. Auch meine Kinder erinnern sich bereits an vieles, was wir gemeinsam erlebt haben: Oft sind es nicht einmal besonders spektakuläre Momente – eben schlicht gemeinsam glücklich verbrachte Zeit.
  2. Ja, Erinnerungsstücke sind wichtig. Habe nicht auch ich Eintrittskarten von Konzerten, Sandproben exotischer Länder und bei einer Reise sogar benutzte Essstäbchen aufbewahrt – und bin heute noch bewegt, wenn ich auf diese Erinnerungsstücke stoße? Und auch meine Jungs freuen sich, wenn sie am Kühlschrank das als Magnet gestaltete Bild vom letzten Rodelbahnausflug entdecken oder fragen nach der Süßigkeit, die wir im Urlaub gekauft haben.

Dennoch frage ich mich: Gibt es nicht doch einen Unterschied zwischen Erinnerungsstücken, die sich sozusagen „natürlich“ ergeben – und den punktgenau platzierten Merchandising-Produkte, die im Ein- und Ausgangsbereich von Veranstaltungsorten platziert werden? Ist es also etwas anderes, wenn ich eine Eintrittskarte mit fremdem Schriftzug aufbewahre, als wenn ich ein teures T-Shirt oder Bierglas mit Logo des Veranstalters kaufe? 

Dahinter sehe ich drei recht komplexe Fragen: 

  • Was ist der Weg, auf dem wir unseren Kindern den Wert des Erlebten am besten vermitteln? Gibt es überhaupt den einen, „richtigen“, Weg?
  • Wie ist unsere eigene Haltung zu Geld und Konsum?
  • Was erlaube ich mir, was meinem Kind? Und erlaube ich uns gegebenenfalls auch, unterschiedlich über Dinge zu denken?

Auf diese Fragen gibt es sicher keine einfache – und für alle gültige – Antwort. Ich habe an diesem Nachmittag jedenfalls keine Kuscheltiere gekauft. Mit der Begründung, ich sei der Meinung, der Ausflug selbst sei Erinnerung genug und der Eintritt nicht billig gewesen, jetzt noch zwei Stofftiere zu kaufen, sei mir zu teuer. Darüber hinaus hätten sie schon mehr als ein Dutzend – nur selten „bespielte“ – Kuscheltiere zu Hause.

Mein älterer Sohn hat dies nach kurzer Enttäuschung akzeptiert. Der jüngere weinte lautstark um das nicht gekaufte Geschenk. Und ich war auf einmal zerrissen zwischen eigener Enttäuschung über den unschönen Abschluss unseres Ausflugs, aber auch Verständnis für ihre Sehnsucht nach einem handfesten Beweis des gemeinsam Erlebten. 

Wie hättet ihr entschieden? Wie werde ich selbst bei der nächsten, ähnlichen Situation entscheiden? Schreibt mir eure Meinung in die Kommentare!

Herzliche Grüße, Sarah Zöllner (mutter-und-sohn.blog)

Die Autorin ist freie Journalistin, Autorin für Familien- und Gesellschaftsthemen sowie Mutter eines Kindergarten- und eines Grundschulkindes.

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[Foto: privat]

8 Gedanken zu „Kinder und Konsum: Brauchen wir Dinge, um uns an Schönes zu erinnern?“

  1. Klares Plädoyer für kein Stofftier.
    Ich kündige das auch an bevor wir einen Zoo oder ähnliches besuchen, dass wir nicht in den Souveniershop gehen werden, weil der Ausflug teuer genug ist, so wird die Diskussion mit dem müden, überreizten Kind, das eigentlich kein Stofftier braucht, sondern es bloß in diesem Moment begehrt, nicht ganz so groß.
    Wenn wirklich noch monatelang von dem so süßen Kamel aus dem Shop geredet wird, kann man es ja zum Geburtstag besorgen.

    Gefällt 2 Personen

    1. Liebe Nathalie, spannender Unterschied zwischen Brauchen und Begehren, den du da nennst – und wie wir als Eltern für unsere Kinder, aber auch für uns, entscheiden, wie wir einen momentanen Wunsch einordnen. Sicher eine weitere Überlegung wert. Danke für deinen Kommentar!

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  2. Bei mir ist es tagesformabhängig, mal sage ich ja, mal sage ich nein. Das ist verwirrend. Deshalb habe ich mir folgende Strategie überlegt:

    Wenn ein Souvenir gekauft werden soll, müssen die Kinder ein wenig Taschengeld mitnehmen. Allerdings bezahle ich immer einen Magneten für den Kühlschrank. Das ist Tradition.

    Gruß – Stefanie

    Gefällt 1 Person

    1. Danke für deinen sympathischen Kommentar, der meiner Meinung nach zeigt, dass wir als Eltern eben auch nur Menschen sind. Unsere zeitweilige Inkonsequenz zu reflektieren und bewusst damit umzugehen, ist dann die „Kunst“ – ich finde, ihr habt da eine schöne Lösung für euch gefunden!🙂

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  3. Liebe Sarah, ich hätte auch kein Kuscheltier gekauft. Wir besitzen eine Jahreskarte für den nahegelegenen Vogelpark und dort gibt es natürlich auch einen schönen Souveniershop. Normalerweise kommen wir aber erst kurz vor Kassenschluss- einfach um am Nachmittag die grandiosen Spielplätze zum Austoben zu nutzen. Wenn wir gehen, haben die Einkaufsmöglichkeiten schon geschlossen. Wie schade 😉. Eines Tages hat unsere 4Jährige gesagt, sie möchte sich beim heutigen Besuch des Parks was im Shop kaufen. Von ihrem eigenen Geld, sie könne damit schließlich machen was sie wolle. Uns hat ihre Bestimmtheit irgendwie gefallen, es gab für uns auch kein Gegenargument. Wir haben sie lediglich darauf hingewiesen, dass die Preise sehr hoch sind und ihr Geld wahrscheinlich nicht für alles reiche. So gingen wir an dem Tag eben mal eine andere Runde und sie zog dann mit ihrer Klimperspardose durch den Souveniershop und entschied sich schlussendlich für einen kleinen Plüsch- Wellensittich. Die Centstücke wurden auf dem kompletten Verkaufstresen verstreut und die geduldige Kassiererin zählte sich die 14 Euro aus dem Münzschlachtfeld zusammen. Die Kleine war stolz wie bolle und nun liegt eben auch noch ein blau weißes Federvieh in ihrem Meer aus Kuscheltieren. Der Vogelkauf für Selbstbestimmtheit, Eigenverantwortung, erstes Verständnis für den Umgang mit Geld- ja. Für eine Erinnerung an einen schönen Tag? Nein. Da reicht auch ein hübscher Stein, eine Feder, ein Foto. Oder die Aktion selbst, dass man sich endlich getraut hat, die große Rutsche alleine runterzurutschen und das Kribbeln dabei im Bauch.
    Ich habe meiner Tochter grundsätzlich ein „normal“-sparsames Konsumverhalten vorgelebt und wenn sie etwas Besonderes außer der Reihe haben wollte, auch immer auf Geburtstag oder Weihnachten verwiesen. Ich möchte ihr damit auf der einen Seite ein gesundes Konsumverhalten vermitteln und die Freude und Dankbarkeit erhalten, wenn sie etwas geschenkt bekommt. Außerdem sehe ich aber auch, wie sehr zu viel Spielzeug und Besitz sie in ihrem Spielverhalten einschränkt. Alles liegt rum, passt nicht mehr ordentlich in die Schränke, viel zu viel Auswahl und unnützer Klimbim, sodass gar kein Spiel zustande kommt.
    Vielleicht haben wir Glück mit dem Kind, vielleicht liegt es an unserer Authentizität und Konsequenz? Sie akzeptiert es jedenfalls und ich kann mich nicht erinnern, wann es das letzte mal Tränen wegen etwas gab, was weiter das Regal hüten durfte.
    „Krieg‘ ich dann aber wenigstens noch ein Eis?“

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    1. Danke für dein konkretes und ausführliches Beispiel. Mir gefällt daran besonders, dass du dich offenbar nicht an konkreten Situationen „aufhängst“, sondern dich an deinen Werten orientierst. Ich versuche das auch und merke, es verschafft mir als Mutter Spielraum, da ich so auch mal außer der Reihe „Ja“ sagen kann, wenn meine grundlegende Linie dahinter für meine Kinder und mich klar ist. Lieben Gruß und weiter viel Spaß euch zusammen bei eurem Ausflügen!

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  4. Ja, ich bin ganz deiner Meinung – Eintrittskarten, Steine oder kleine Fundstücke sind oft die schönsten Erinnerungen, weil sie wirklich mit dem Moment verbunden sind. Aber ich finde auch, dass Souvenirs etwas Schönes sein können – vor allem, wenn sie eine persönliche Bedeutung haben. Mein Opa hatte früher einen Souvenirladen, und ich durfte als Kind manchmal Sachen mit bestellen. Besonders Magnete haben es mir angetan – ich habe sie damals gesammelt, weil ich sie so oft im Sortiment gesehen habe und mein Opa mir ab und zu einen geschenkt hat.

    Bis heute nehme ich mir aus jeder neuen Stadt oder jedem Land einen Magneten mit, und sie hängen jetzt alle an unserem Kühlschrank. Für mich ist das eine schöne Art, Erinnerungen sichtbar zu machen – ganz ohne viel Platz oder Konsumdruck.

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