Hochsensibilität, Persönliches

Wie riecht der Februar? Eine Übung in Achtsamkeit

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Wonach riecht eigentlich der Februar?

  • nach von Regen durchnässten, in der Tasche vergessenen Wollhandschuhen?
  • nach Schweiß unter Winterjacken, wenn der Frost des Morgens am Mittag frühlingshaften Temperaturen gewichen ist?
  • nach Holzkohlerauchfäden, die die Luft durchziehen?
  • nach erdbeerliköriger Kotze, Polyesterstoff und dem Fettstift der Schminke an Karneval?
  • nach Puderzucker, der beim Hineinbeißen von Fastnachtskrapfen aufstiebt?
  • nach lehmig in der Sonne verdampfenden Pfützen?

Meine Mitbloggerin fundevogel hat mich mit ihrem wunderbaren Blogbeitrag zu den Düften des Januars dazu inspiriert, in den Februar hineinzuschnuppern. 

Ein Geruch und drei Erkenntnisse

Ich tat es während der Fahrt von meiner Arbeitsstelle zum Kindergarten meines Sohnes und bemerkte drei Dinge:

  • während man Rad fährt, riecht man (fast) nichts. Der Fahrtwind lässt nur die Wahrnehmung der intensivsten Gerüche zu. Das wirkliche Riechen erfordert also offensichtlich, ebenso wie das wirkliche Betrachten, ZEIT!
  • Wirklich Riechen, Schnuppern, Wahrnehmen schenkt auch Zeit. Die verbrachte Zeit scheint sich zu dehnen. Ich denke das in den Sekunden, nachdem ich tatsächlich vom Rad abgestiegen bin, mich zu einer Pfütze herunterbeuge und versuche, den leicht kalkigen, erdigen Duft des verdunstenden Wassers einzufangen. Jetzt, während ich die Erinnerung daran niederschreibe, muss ich an Momo denken, Hauptfigur des gleichnamigen Kinderbuchklassikers des Autors Michael Ende: als alles hetzt und rennt und die unheimlichen „grauen Männer“, die „Zeitdiebe“ dieser feinsinnigen Parabel, ihr auf den Fersen sind, bewegt sie sich so langsam es geht, Schritt für Schritt, folgt einer Schildkröte, die ihr den Weg zu ihrem nächsten Ziel weist. Daran muss ich denken, als ich, gebeugt über „meine“ Pfütze, den Fluss des Tages für einen Augenblick durchbreche: das bewusste sich Zeit Nehmen gibt gefühlt Zeit zurück.
  • damit bin ich bei dem, was mir diese Meditation über den Duft, den flüchtigsten aller sinnlichen Eindrücke, deutlich macht: werde ich langsam, weitet sich meine Wahrnehmung. Und lasse ich zu, dass das geschieht, geschieht etwas Wunderbares: ich komme wieder bei dem an, was ich tue. Frei nach Eckhart Tolle: Jetzt! Und Jetzt. Und Jetzt. 

Als Mensch mit ohnehin feiner Wahrnehmung, manchmal überflutet von den Reizen einer Großstadt und dem Leben, das mein Alltag als berufstätige und getrennt erziehende Mutter mit sich bringt, ist dieser Augenblick eine willkommene Erinnerung: 

Das Leben zeigt sich dir als erfüllend, lebensvoll und wunderbar – wenn du ihm den Raum dazu gibst. 

Herzliche, feinsinnige Grüße an diesem Wochenende, Sunnybee

PS. Wer mag, hier eine Buchrezension von mir zum Thema: 

Jorge Bucay: „Drei Fragen“ und Eckhart Tolle: „Jetzt!“

[Foto: Pixabay]

5 Gedanken zu „Wie riecht der Februar? Eine Übung in Achtsamkeit“

  1. Hi, ich finde deinen Beitrag sehr schön, auch dass du dir die Zeit dafür nimmst. Sowohl für die Meditation als auch die Zeit, den Beitrag mit uns zu teilen.

    Ich musste bei deinem Bericht daran denken, wie ich vorhin einen Kuchenladen betrat, es schnupperte im kompletten Raum nach selbstgemachtem Kuchen. Die Zeit stand einen Moment still.

    Ich mag die Geschichte Momos auch sehr.

    Ein anderes Zitat, welches zu deinem Beitrag passt ist aus Alice im Wunderland: „the hurrier I go, the behinder I get“ 😉

    Liebe Grüße
    Jeraph

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    1. Liebe Jeraph, danke für deinen Kommentar! Und lustig: „The hurrier I go the behinder I get“ habe ich kürzlich in einer Zeitschrift gelesen und mir noch gedacht, was für ein toller Spruch! Jetzt weiß ich auch, woher er kommt.🙂 Lg, Sunnybee

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  2. Es freut mich, dass dir die Idee- die nicht meine ist – so gut gefällt.
    Das besondere an Gerüchen ist auch, dass wir sie selbst erleben müssen, da sie ja anders als Bild und Ton nicht archiviert werden können. Vielleicht sind sie deshalb für unserer Erinnern so wichtig: Was wir gerochen haben, haben wir wirklich erlebt.

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    1. Schöne Bemerkung: „Was wir gerochen haben, haben wir wirklich erlebt.“ Ja, vermutlich ist das die Krux vieler – gerade auch virtueller – Unterhaltungsangebote: wir wünschen uns das intensive Erleben und versagen es uns zugleich in gewisser Weise, da wir eben doch das „aus zweiter Hand“ konsumieren, was andere erlebt haben oder für uns als „erlebenswert“ vorsehen. Demgegenüber bin ich wirklich – auch für meinen Sohn – eine Verfechterin des Erlebens „aus erster Hand“ und mit allen Sinnen!🙂 Wenn du magst, sieh dir die Rezension zweier Bücher an, die meiner Meinung nach genau zum Thema passen: https://mutter-und-sohn.blog/2019/02/09/jorge-bucay-drei-fragen-und-eckhart-tolle-jetzt/ Herzlichen Gruß, Sunnybee

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